Volltext: Kleinstaat

Verfassungsinterpretation stitutionelle Theorie gegeben, aus welcher man heute ein System gewinnen und - wie schon geschehen - einzelne Rechtssätze deduzieren könnte, z. B. eine Kompetenzvermutung zugunsten des Monarchen.9 Der Konstitutiona­ lismus war vielmehr selbst einer geschichtlichen Entwicklung unterworfen, so dass heute jeder Rückgriff auf Sätze des konstitutionellen Staatsrechts der besonderen Begründung bedarf, warum gerade diese Doktrin oder Norm zur Interpretation einer modernen monarchischen Verfassung herangezo­ gen wird. Die gravierendste geschichtliche Veränderung des konstitutionellen Staätsrechtsdenkens vollzog sich in der Zeitspanne zwischen der Revolu­ tion von 1848 und dem Ende des preussisch-österreichischen Krieges 1866. Neuere Forschungen haben ergeben10, dass nach den konstitutionellen Vor­ stellungen auch der breiten liberalen Mitte in der deutschen Nationalver­ sammlung von 1848, "der Grundgedanke der parlamentarischen Regie­ rungsweise - die Ubereinstimmung von Ministerium und Majestät der Volksvertretung in den Grundfragen der Politik - . . . allgemein als Gebot politischer Vernunft und als die gegebene Form freiheitlicher Selbstbestim­ mung angesehen" wurde." Nach Auffassung der Zeitgenossen vertrug sich diese Uberzeugung mit den traditionellen Sätzen des konstitutionellen Staatsrechts. Die verfassungstypologische Alternative von konstitutioneller Monarchie und parlamentarischem Regierungssystem trifft danach die Ent­ wicklung des konstitutionellen Gedankens in der historischen Realität nicht.12 Das altliberale Verständnis der konstitutionellen Monarchie war auf den Konsens von Volksvertretung und Monarch gerichtet. Es wurde in Deutschland durch den preussischen Verfassungskonflikt vernichtet, da es Bismarck gelang, einen strikten Dualismus von monarchisch geführter Regierung und demokratisch gewählter Volksvertretung zu etablieren.13 9 So aber noch Edwin Loebenstein, Die Stellvertretung des Landesfürsten gemäss Verfas­ sung, in: Die Stellvertretung des Fürsten, Vaduz 1985 (Liechtenstein Politische Schriften 11), S. 69 ff., 79 und kritisch dazu Dietmar Willoweit, Die Stellvertretung des Landesfürsten als Problem des liechtensteinischen Verfassungsverständnisses, ebd. S. 119 ff., 125. Meine Stellungnahme hat ihrerseits nicht nur Zustimmung gefunden. Ich hoffe, dass die hier im Text gegebenen Hinweise zur geschichtlichen Entwicklung des Konstitutionalismus meine Warnung vor juristischen Schlussfolgerungen aus einem nur spätkonstitutionell-monar- chisch verstandenen Verfassungstypus verständlicher erscheinen lassen. 10 Manfred Botzenhart, Deutscher Parlamentarismus in der Revolutionszeit 1843-1850, Düs­ seldorf 1977, S. 91 ff., 115, 647 u. passim; Dieter Langewiesche, Die Anfänge der deutschen Parteien - Partei, Fraktion und Verein in der Revolution von 1848/49, in: Geschichte und Gesellschaft 4 (1978) S. 324 ff., 336 f.; zusammenfassend Willoweit (FN 3) § 31 II 3. 11 Botzenhart (FN 10) S. 790. 12 Langewiescne (FN 10) S. 336. 13 Hans Boldt, Verfassungskonflikt und Verfassungshistorie, in: Der Staat, Beih. 1 (1975) S. 75 ff.; Willoweit (FN 3) § 32 m. w. Nachw. 195
	        

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