Volltext: Fragen an Liechtenstein

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die Zuständigkeit in Außenhandelsfragen durch einen kündbaren Ver 
trag an die Schweiz übertragen. Der Römer Vertrag ist jedoch un 
kündbar. Die sich daraus ergebenden Fragen staatspolitischer Art 
sollen jedoch später eingehend zur Sprache kommen. 
Ebenso wie die Auswirkungen der Übernahme des gemeinsamen 
Tarifs wären auch diejenigen der gemeinsamen Agrarmarktordnung 
neu zu überdenken. Ich habe hier leider nur schweizerische Zahlen 
zur Hand, die aber proportional auch auf liechtensteinische Verhält 
nisse angewendet werden können, aufgrund des vergleichsmäßigen 
Anteils der der landwirtschaftlichen Bevölkerung an der gesamten, 
bzw. an der tätigen Bevölkerung beider Volkswirtschaften. Die Über 
nahme der gemeinsamen Agrarmarktordnungen würde der schweize 
rischen Landwirtschaft einen Einkommensausfall von etwa 900 Milk 
Franken pro Jahr eintragen, und zwar deswegen, weil die Agrarpreise 
in der EWG zur Zeit ungefähr 30 bis 40 Prozent unter den schweize 
rischen liegen. Zu diesem Betrag kommen noch die Abschöpfungen, 
welche die Schweiz bei der Einfuhr von Agrarprodukten vorzuneh 
men und an den gemeinsamen Agrarfonds abzuführen hätte. Schät 
zungen über das Ausmaß der Abschöpfungen liegen noch nicht vor, 
doch ist anzunehmen, daß es sich dabei um einige hundert Millionen 
Franken handeln dürfte. 
Besonders wichtig sind außer den gemeinsamen Agrarmarktordnun 
gen das Kartellrecht und das Steuerrecht. In Bezug auf das Steuer 
recht ist vorgesehen, in der EWG zunächst die Umsatzsteuer in Form 
einer Mehrwertsteuer zu vereinheitlichen. Später soll auch die direkte 
Besteuerung der Einkommen und Vermögen harmonisiert werden. 
Der ehemalige Finanzminister Strauß hat in seiner «Zürcher Rede» 
sehr eindrücklich dargelegt, daß die Angleichung der Konkurrenz 
bedingungen durch die Harmonisierung der Steuern in der EWG un 
erläßlich sei, weil sonst ein freier Markt auf die Dauer nicht denkbar 
wäre. Ein schwerer Schlag für den liechtensteinischen Steuer 
zahler, der bisher nicht einmal sein Einkommen aus Vermögen 
zu versteuern brauchte, zumal man in diesem Zusammenhang unter 
«Harmonisierung der Steuern» eine Angleichung nach oben verstehen 
muß, denn ich glaube kaum, daß Superminister Schiller uns diesbe 
züglich freie Hand lassen wird. Dieser Tatbestand hat zudem zur 
Folge, daß Liechtenstein als Steueroase uninteressant wird, daß also 
der größte Tdl der Holding- und Sitzgesellschaften, die uns bisher mit 
ihrem Steueraufkommen mehr als 20 Prozent unseres Staatshaushal 
tes finanzierten, nach den Bahamas abwandem werden. Die dadurch 
entstehende Steuerlücke und der durch die Angleichung nach oben 
entstehende Mehrbedarf an Steuern müssen durch den sekundären
	        

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