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weiter zu gemeinsamen Wettbewerbsregeln, zu einer Harmonisierung
ihrer indirekten Steuern, zu einer Koordinierung ihrer Wirtschafts-,
Konjunktur- und Sozialpolitik und zu einer Angleichung der natio
nalen Rechts- und VerwaltungsVorschriften zu verpflichten.
Der supranationale, auf ein bundesstaatliches Gebilde hinzielende
Charakter der EWG, wird durch die starke Stellung der EWG-Kom-
mission noch weiter verstärkt. Zwar fungiert der Ministerrat als
Rechtssetzungsbehörde; er kann jedoch nur auf Antrag der Kommis
sion und — in wichtigen Fällen — nur einstimmig Beschlüsse fassen.
Zudem ist die Kommission noch mit einer Fülle eigener Kompetenzen
zur Durchführung des Römer Vertrages ausgestattet. Die Exekutive
und die supranationale Behörde erhalten dadurch eine große Unab
hängigkeit von den einzelnen Mitgliedstaaten.
Einen besonderen Aspekt erhält die supranationale Integrationsform
der EWG noch dadurch, daß sie mit einer sukzessiven Ablösung des
Einstimmigkeitsprinzips durch die Regel von Mehrstimmigkeitsent
scheidungen verbunden wird. Das bedeutet in einem späteren Zeit
punkt eine noch stärkere Stellung der EWG-Kommission gegenüber
dem Ministerrat und die Gefahr für die der EWG angehörenden
Kleinstaaten, in die Minderheit zu geraten.
Das Bild über die EWG wird durch den Einbezug ihrer politischen
Zielsetzung vervollständigt. Diese kommt in der Präambel des Römer
Vertrages zum Ausdruck, in der die sechs Mitgliedstaaten ihre Ent
schlossenheit bekunden, mit dem Abkommen «die Fundamente zu
einer immer engeren Vereinigung der Völker Europas» zu legen.
Uber die Ausgestaltung der politischen Union gehen allerdings die
Meinungen völlig auseinander, und es besteht deshalb keineswegs
Klarheit darüber, wie sie aussehen sollte: Vor den Augen der EWG-
Mitgliedstaaten schwebt das bisher immer noch nicht konkretisierte
BilcTeines föderalistischen, europäischen Bundesstaates unter zentraler
Leitung.
Ich möchte an dieser Stelle vielleicht noch nachtragen, daß es zweck
mäßig ist, bei dem sich immer stärker abzeichnenden Trend zur In
tegration zwischen den Integrationsgebieten (EWG—EFTA), sich
bei der Betrachtung der daraus erwachsenden Probleme auf die EWG
zu beschränken.
Wie stellen sich also Chancen und Gefahren des Kleinstaates in der
vorhin grob umrissenen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft dar?
Es wurde von der Schaffung einer supranationalen, von den Parla
menten der Mitgliedstaaten unabhängigen Behörde gesprochen. Das
bedeutet automatisch Übertragung einer Anzahl von Souveränitäts-
rechten an diese Behörde und damit auch Einschränkung der Eigen-