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anderen. Eine vernünftige Finanz- und Wirtschaftspolitik sind Vor
aussetzung für die Kulturpolitik, wie umgekehrt diese wieder jene
befruchtet. Es ist ein ganz müßiges Unterfangen, Wirtschaftspolitik
gegen Kulturpolitik auszuspielen (was ich in unserem Lande schon
an maßgebender Stelle erfahren habe). Wer möchte mit dem Postulat
nach reiner Luft, die Sorge um das reine Wasser entkräften? Wir
brauchen beides. Die Frage nach den Prioritäten ist nicht sosehr eine
Frage nach der Wertung als vielmehr nach dem Vorgehen.
Wenn ich die Dinge beim Namen nennen darf, so befallt mich beim
Betrachten der Lage ein Unbehagen: Ich fürchte, daß wir eines Tages
keine Finanzpolitik haben, daß aber die Finanzpolitik uns hat. Der
Finanzausgleich kann in konsequenter Ausführung nur zum Staats
ausgleich werden, so daß elf Krösuse im Armenhaus Liechtenstein
sitzen. Unterdessen leidet der Staat, der in Außen-, Bildungs- und
Kulturpolitik erhebliche Summen aufbringen und neue Aktivitäten
ergreifen sollte, um überhaupt Staat bleiben zu können. Natürlich
kann Einsichtslosigkeit gegen derartige Argumente fröhlich Urständ
feiern: bei leichtem Abrücken von der Realität werden kulturpoli
tische Pläne lächerlich. Die «incertitude allemanique» und das Ge
fühl, als Staat nichts zu sein, dienen als Hebel, um jeden Entwurf
ohne Denkanstrengung ins Gefalle persönlicher Animosität zu wäl
zen, wo er in die tiefsten Tiefen der Negation und Verdrängung fallt.
(Dafür haben sie Geld .. ., Wurmfraß macht wertvoll..., so viel für
ein bemaltes Tuch usw.) Was Kulturpolitik eigentlich vermag, möchte
ich an zwei Aspekten verdeutlichen: Kulturpolitik als Selbstdarstel
lung und als Mittel der Außenpolitik.
c) Kulturpolitik als Selbstdarstellung Liechtensteins
Kulturpolitik hat sich als Mittel staatlichen Selbstverständnisses und
staatlicher Selbstdarstellung bewährt. Kultur und Herrschaft gehen
in ihrer Erscheinung gern eine Verbindung ein. Die kalkulierte
Macht umgibt sich mit dem Mantel des Irrationalen und nimmt so
den Menschen in Beschlag, der von Natur aus in seinem Denken und
Sagen nicht auf reine Rationalität angelegt ist. Macht und Herrschaft
erhalten über das Rechnerische hinaus eine zusätzliche Dimension.
Wie geschickt arbeiten andere Staaten mit der Kultur als Mittel der
Selbstdarstellung und des Selbstverständnisses! Selbst die jüngsten
afrikanischen Staaten holen gezielt und zum schlecht versteckten
Ärger der Industrieländer und Geldgeber mangelndes Staatsbewußt
sein mit kultureller Repräsentation auf. Jede Gemeinschaft braucht