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Theater, Musik, Film, Bildung usw., ist heute sowohl in der
UNESCO wie im «Conseil de la Cooperation Culturelle» (eine In
stitution des Europarates) im zwischenstaatlichen Gespräch, wie auf
privater Ebene üblich geworden. Dabei ist es gut, nur unter Vorbe
halt sich' des restriktiven Kulturbegriffes zu bedienen: die Begriffs
definition von heute kann der Irrtum von morgen sein.
b) Staat und Kulturpolitik
Und nun zum Staat und seinem Verhältnis zur Kulturpolitik. Der
Staat stellt sich selbst als ein Ergebnis der kulturellen Entwicklung
dar; als eine «Hieroglyphe der Vernunft», sagte Hegel. Im Staat
findet sich der subjektive Wille im allgemeinen Wollen. Der Einzelne
erreicht die Freiheit in der Allgemeinheit des Staates, und das «Be
lieben des Einzelnen ist eben nicht Freiheit» (Hegel). Zur staatlichen
Substanz gehört vor allem die Kultur im umfassenden Sinn. Der
Staat ist in seltsamer Verquickung auf die Kultur hingeordnet, eine
Einsicht, die heute mehr und mehr Allgemeingut wird.
Indessen ist es gut, im Verhältnis des Staates zur Kultur zu differen
zieren. Der Staat als solcher ist nicht primär kulturschaffend, son
dern kulturermöglichend. Die Kulturschaffenden haben gegenüber
dem Staat — zum Teil durch die neuere Geschichte bedingt — ein
starkes Mißtrauen. Die direkte staatliche Einmischung in kultur
politische Vorgänge ist unerwünscht. Die Rolle des Staates soll sub
sidiär sein. Der Staat selbst fühlt sich gegenüber der Kultur überfor
dert. Den Funktionären erscheint die Kultur als ein lästiges und
spinöses Ding. In der Nüchternheit des Wohlfahrts-, Sozial- und
Rechtsstaates hat die Kultur eine unbekömmliche Umwelt, wie Pro
fessor Karl Schmid vor drei Jahren in seinem bekannten Vortrag
«Der moderne Staat und die Kunst» dargelegt hat. Schmid hat als
Opfer für die Kulturpolitik in eidgenössischer Kompromißbereit
schaft die Gesellschaft vorgesehen. War bei Hegel der Staat schlecht
hin Voraussetzung für Kultur, Kunst und Religion — eine Annahme,
die durch die Entdeckung der Paläolithischen Kulturen überholt ist
— so pendelte im Gegenzug zum Staatsgedanken Hegels die Ent
wicklung im 20. Jahrhundert in eine kulturelle Pflichtvergessenheit
des Staates ein.
Nun bekommt die kulturfördemde und kulturermöglichende Maxime
des Staates seit Herbst des letzten Jahres eine ganz besondere Bedeuj/
tung. In Venedig beriet eine UNESCO-Konferenz, an der 86 Staaten
vertreten waren (ca. die Hälfte davon mit den zuständigen Mini-