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haupt nicht anzutreffen sei. Die Entwürfe des Vertrages zur Euro
päischen Politischen Gemeinschaft, die ihn in den ersten Artikeln mit
Betonung gebraucht hätten, seien sogar an der Ablehnung der betei
ligten Staaten gescheitert.
Wenn wir auf die Meinung zweier namhafter ausländischer Staats
rechtslehrer hören, so müssen wir zur Kenntnis nehmen, daß vom
Ende des Nationalstaates nicht die Rede sein kann. Vielmehr be
tonen sie, daß gerade ein innerlich gefestigtes Staatswesen Voraus
setzung in der europäischen Staatengemeinschaft ist. Professor Wer
ner Kägi (Die Grundordnung unseres Kleinstaates und ihre Heraus
forderung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts) meint: «Für
die Schweiz kommt nur der Eintritt in eine föderative Ordnung in
Frage, in welcher das Selbstbestimmungsrecht und das Mitbestim
mungsrecht in einem bestimmten Umfang klar gewährleistet ist.»
Der deutsche Professor Werner Weber vertritt in seinem Aufsatz
«Der deutsche Bürger und sein Staat», obwohl er in der Einigung
Europas durchaus eine zwingende wirtschaftliche und politische Not
wendigkeit sieht, die Ansicht: «So bedeutungsvoll die in Brüssel ge
leistete Pionierarbeit ist, so kann doch der realistischen Beurteilung
nicht verborgen bleiben, daß die politische Einigung Europas nur in
Gestalt eines föderalistischen Systems, optimal als Bundesstaat, er
rungen werden kann.»
Wollte man daher im heutigen Zeitpunkt einer Entäußerung der na
tionalen Existenz das Wort reden, so wäre damit nichts gewonnen.
Ein solcher Gedanke ist in der liechtensteinischen Verfassungsge
schichte auch nie zum Durchbruch gekommen, auch nicht zur Zeit
des Frankfurter Parlaments, als die Frage der Mediatisierung zur
Diskussion stand. Peter Geiger (Geschichte des Fürstentums Liech
tenstein 1848 bis 1866) weist nach, daß Peter Kaiser und mit
ihm die Liechtensteiner von der deutschen Nationalversammlung
keineswegs ein Aufgehen in einem nationalen Einheitsstaat erwarte
ten und erhofften. Die Liechtensteiner wünschten vielmehr, daß sie
unbeschadet der Einheit Deutschlands ein freies selbständiges Ganzes
bleiben, daß man ihnen aber in Betracht der Kleinheit und ihrer ma
teriellen Mittel keine Opfer zumute, die über ihre Kräfte gingen.
Konzentrieren wir uns auf zwei wichtige Momente, die für den Be
stand des Kleinstaates von Wichtigkeit sind.
Nach innen: Wir müssen uns vermehrt unseres innerlich gefestigten
Staatswesens bewußt werden. Im Monarchen als Staatsoberhaupt ist
der Rückhalt und die Stärke unseres Kleinstaates gegeben: Kontinui
tät, die die Grundlage und Gewähr für echte Staatsautorität be
inhaltet.