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In den Referaten der Historiker kam mit aller wünschenswerten Klar
heit zum Ausdruck, daß die Mär vom «Zufall Liechtenstein» eini
germaßen erschüttert oder gar Lügen gestraft werden kann. Gewiß
war die Erhaltung der Souveränität oft Umständen und der «Gunst
der Stunde» zu verdanken, auf die Liechtenstein keinen oder nur ge
ringen Einfluß hatte. Jedoch gilt: Nicht ohne Geschick und mit gro
ßer Beharrlichkeit haben die verantwortlichen Männer den Platz
Liechtensteins behauptet. Das wäre die eine, die historische Begrün
dung der Existenzberechtigung unseres Kleinstaates.
Die andere wurde in verschiedenen anderen Vorträgen, so vor allem
von Dr. Batliner, angesprochen: «Aber solange es noch Aufgabe jeden
Staates ist, die menschlichen Werte allgemein zu schützen und zu
sichern, hat auch der Kleinstaat einen Sinn: denn er ist besonders ge
eignet, der Befreiung und der Freiheit und der Entfaltung der mensch
lichen Person zu dienen.» Diese Aussage kann als politische Begrün
dung genommen werden.
Wenn Liechtenstein sich diese Aufgabe stellt, so muß es im Ausland
aktiv werden. Erbprinz Hans Adam führt die Zweifel an der Eigen
staatlichkeit, die im Ausland immer wieder geäußert werden, auf «die
fehlende Präsenz im Ausland» zurück. Und er fahrt fort (St. Galler
Tagblatt, 10. Februar 1971): «Um überhaupt auf außenpolitischem
Gebiet tätig zu sein und die Anerkennung als selbständiger Staat zu
sichern, braucht es einen schlagkräftigen außenpolitischen Apparat,
der die wichtigsten Interessen direkt wahmehmen kann und die
Außenpolitik Liechtensteins ausarbeitet und formuliert.» — Die
Mitglieder dieses Apparates werden Liechtenstein im Ausland zu ver
treten, Verhandlungen zu fuhren und Forderungen durchzusetzen
haben. Damit sie das können, müssen sie im Ausland als Vertreter
eines seriösen, modernen, politisch voll strukturierten und lebensfä
higen Staates erscheinen. Zumal weder große politische oder wissen
schaftliche Macht hinter ihnen steht. Das Ausland muß hinter die
sem Vorposten Liechtensteins einen Staat sehen, den es ernst neh
men kann und der ihm glaubwürdig erscheint. Es ist zu fragen, ob
Liechtensteins Bild im Ausland heute in jeder Beziehung diesen An
sprüchen genügt.
Das Bild Liechtensteins im Ausland
Die Produkte der liechtensteinischen Industrie genießen, dies kann
ohne Übertreibung festgestellt werden, auf dem gesamten Weltmarkt