Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Gerard Batliner Monarch die Exekutive in seinen Händen behalten hatte. Regierung und Verwaltung waren das eigentliche Reservat der Monarchie geblieben.49 Die Regierung war personell und institutioneil von der Volksvertretung unabhängig. Sie war monarchische, nicht parlamentarische Regierung, bestellt durch den Monarchen allein, und konnte nicht durch das Parla­ ment gestürzt werden. In der Dreiheit von innerer Exekutivgewalt (monarchischer Verwaltung), auswärtiger Gewalt und Kommando­ gewalt über das Heer verkörperte sich, vor allem in Preussen, die Staats­ gewalt. Auch die liechtensteinische Verfassung 1862 bestimmt (§ 27): "Die in der Hand des Fürsten liegende Regierungsgewalt50 wird nach Massgabe der Bestimmungen dieser Verfassung durch verantwortliche Staatsdiener ausgeübt werden, welche der Fürst ernennt." Der Fürst allein bestimmt und ernennt die Staatsdiener. Er bestimmt die Dauer der Anstellung. Er entlässt die Staatsdiener, wenn es ihm beliebt. Auch die Richter des Landgerichtes in Vaduz und die Mitglieder der Appellationsinstanz (bis 1871 Hofkanzlei) in Wien suchte sich der Fürst aus und ernannte sie. Dem Fürsten allein stand die Organisationsgewalt zu (§ 28). Er erliess die Verordnungen (§ 29). Eine gerichtliche Kontrolle über die Verwaltungsakte und die fürstlichen Verordnungen gab es nicht, wenn man von der Kontrolle durch die Fürstliche Hofkanzlei in Wien absieht.51 Dem Fürsten stand die ausschliessliche Verfügung über das Militär zu (§ 38), das 1868 abgeschafft werden sollte. Hinzu kam, dass der Monarch in den konstitutionellen Verfassungen durchwegs als "heilig und unverletzlich" bezeichnet wurde (in Liechten­ stein § 2 Abs. 2 1862). Der vom Absolutismus verwöhnte Monarch war auch nach den konstitutionellen Verfassungen niemandem politisch oder strafrechtlich verantwortlich, sozusagen von der Verfassung exemt. In solcher Lage wurde ein Gegenmittel gefunden, das Institut der Kontrasignatur oder Gegenzeichnung durch den Minister, mit der Folge, 49 Böckenförde, Der deutsche Typ, S. 285f., 289; Huber III, S. I3ff. 50 Man beachte den begrifflichen Unterschied zu § 2 der Verfassung 1862, wo von "Staats­ gewalt" die Rede ist. In § 27 ist wohl die Exekutivgewalt gemeint. Art. 45 der preussischen Verfassung von 1850 lautet vergleichsweise: "Dem Könige allein steht die vollziehende Gewalt zu. Er ernennt und entlässt die Minister. Er befiehlt die Verkündigung der Gesetze und erlässt die zu deren Ausführung nöthigen Verordnun­ gen." (Huber, Dokumente l, S. 505). 51 Geiger, S. 298ff.; Karlheinz Ritter, S. 13ff. 36
	        

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