Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Einführung in das liechtensteinische Verfassungsrecht men und zugleich erweitert und verstärkt. Österreich schuf den Verfas­ sungsgerichtshof, bei dem es die gerichtliche Kontrolle über die der Ver­ fassung untergeordneten Normen konzentrierte. Die Erweiterung bestand darin, dass es neben der konkreten Normenkontrolle im Anwendungsfall auch die abstrakte Normenkontrolle auf Antrag einer antragsberechtigten Behörde vorsieht, und verstärkt schliesslich wurde die Absicherung der Verfassung dadurch, dass verfassungswidrige Nor­ men durch den Verfassungsgerichtshof kassiert (aufgehoben) anstatt bloss im Anwendungsfall nicht angewendet werden. Schon ein Jahr danach hat Liechtenstein diesen Typus der Normen­ kontrolle in seine Verfassung aufgenommen.12 Das in der Lehre als "österreichisches System" benannte, bei einem Verfassungsgericht zen­ tralisierte System der Normenkontrolle hat nach dem Zweiten Weltkrieg einen Siegeszug angetreten. Liechtenstein gehört seit 1921 zu diesen voll ausgebildeten und gerichtlich geschützten Verfassungsstaaten mit verfas­ sungsgerichtlicher Normenkontrolle. Art. 104 Abs. 2 der liechtensteinischen Verfassung lautet: "In seine Kompetenz (diejenige des Staatsgerichtshofes) fallen ... die Prüfung der Verfassungsmässigkeit von Gesetzen und der Gesetzmäs­ sigkeit der Regierungsverordnungen; in diesen Angelegenheiten urteilt er kassatorisch." "Kassatorisch" heisst, dass der Staatsgerichtshof verfassungswidrige Gesetze oder Teile derselben wie ein "negativer Gesetzgeber" aufhebt. Ebenso kassiert der Staatsgerichtshof verfassungs- oder gesetzwidrige Regierungsverordnungen.13 b) Der Grundrechtsschutz Im Bereich der verfassungsmässig gewährleisteten Grundrechte setzt der Staatsgerichtshof die unmittelbare Geltung der Verfassung über den gestuften Normenbau bis in die staatlichen individuell-konkreten Akte hinein durch (Art. 104 Abs. I).14 11 Baüiner, Rechtsordnung, S. I04f.; ders., Verfassungsschichten, S. 295ff. 11 Fragwürdig erscheint Art. 28 Abs. 1 des StGHG, wonach die Zivil- und Strafgerichte und die Verwaltungsbeschwerde-Instanz "die Verfassungs- und Gesetzmässigkeit von Verordnungen bei Anlass ihrer Anwendung prüfen" können. 14 U.a. Baüiner, Rechtsordnung, S. 99f., 110ff. 25
	        

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