Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Das Verordnungsrecbt der Regierung - Finanzbeschlüsse Das Finanzreferendum stellt insofern eine Ausnahme dar, als es dem Volk die Möglichkeit gibt, gegen individuell-konkrete (Einzelfall-) Ent­ scheidungen der Behörden mit dem Referendumsrecht anzugehen.29 b) Verwaltungs- und Rechtsverordnnngeni0 Verwaltungsverordnungen unterscheiden sich von "normalen" Verord­ nungen, oft auch "Rechtsverordnungen" genannt, gelegentlich dadurch, dass sie nicht publiziert werden.31 Zu den Verwaltungsverordnungen zahlten insbesondere früher auch Anstaltsordnungen, z.B. von Schulen oder Gefängnissen. So wurde beispielsweise bis zum Erlass des Strafvoll­ zugsgesetzes32 der Strafvollzug in Liechtenstein zu einem grossen Teil durch die alte, unpublizierte Gefängnisordnung33 geregelt. Vorschriften über die Leibesvisitation, die Tagwacht und Bettruhe, die Duschmög­ lichkeiten (zweimal wöchentlich), Spaziergänge (täglich eine halbe Stunde, ausser an Samstagen, Sonn- und Feiertagen), Kontrolle der Briefpost etc. waren in ihr enthalten. Gerechtfertigt wurde die Existenz der Verwaltungsverordnungen vor allem damit (teilweise geschieht dies auch heute noch), dass sich die Ver­ waltungsverordnungen im Gegensatz zu den Rechtsverordnungen nur an die (untergeordneten) Organe der Verwaltung oder die zum Staat in einem besonderen Rechtsverhältnis stehenden Bürger richteten und keine unmittelbaren Rechtswirkungen zugunsten oder zu Lasten Dritter (d.h. ausserhalb der Verwaltung stehender Personen) entfalteten. Sie würden nicht Freiheit und Eigentum oder die Willenssphären der Rechtssubjekte betreffen, weshalb ihnen auch der Rechtssatzcharakter abgesprochen wurde.34 Folglich seien sie auch für die Gerichte unver­ bindlich.35 29 Batliner Martin, Volksrechte, S. 186. J: Vgl. Schurti, Verordnungsrecht, S. 43ff. 11 Vgl. BGE 107 Ib 51 f.; Pappermann, Regierung, S. 78; dens., Verordnungsrecht, S. 365. i: Strafvollzugsgesetz vom 5.10.1983, LGBI. 1983/53. 33 Gefängnisordnung vom 5.10.1972, als Anlage dem Bericht und Antrag der Fürstlichen Regierung an den Hohen Landtag vom 26.10.1982 zur Schaffung eines Strafvoflzugsge- setzes beigeschlossen. w Vgl. Jellinek, Gesetz und Verordnung, S. 368; Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, S. 232f^ Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 142; Magiera, Regelungsgewalt, S. 6ff.; Marxer, Organisation, S. 14. ,s Vgl. BGE 107 Ib 51f., wonach auch verwaltungsinteme Richtlinien vorwiegend techni­ scher Art keine verbindlichen Rechtssätze darstellen, aber vom Bundesgericht doch als "Ausdruck des Wissens und der Erfahrung der Fachstellen" angesehen werden, sodass es 241
	        

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