Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Verfassung- und Gesetzgebung Nun hat das Volk an sich durchaus eine Möglichkeit, sich gegen den Ausschluss des Referendums zu wehren; und zwar durch die Ergreifung einer Volksinitiative auf Abschaffung oder Abänderung des dem Refe­ rendum entzogenen Erlasses. Dieses sogenannte "unechte Referendums- recht"80 in Form der Volksinitiative macht auch die 30tagige Referen­ dumsfrist illusorisch, denn eine Initiative kann jederzeit lanciert werden. Selbst Verordnungen, die ja ebenfalls nicht referendumsfähig sind, kön­ nen auf diese Weise zu Fall gebracht werden.81 Die Volksinitiative kann nun allerdings das Referendum nur dann ersetzen, wenn die Abschaf­ fung oder Abänderung des zu bekämpfenden Erlasses überhaupt ein zulässiger Inhalt einer Initiative sein kann. Dies wäre jedenfalls bei den individuell-konkreten Finanzbeschlüssen und wohl auch bei Erlassen, welche zur Zollvertragsmaterie gehören,82 nicht der Fall. VI. Abschlussverfahren 1. Fürstliche Sanktion Damit ein Gesetz in Kraft treten kann, muss es gemäss Art. 9 LV vom Fürsten sanktioniert werden. Beim Sanktionsrecht handelt es sich um eine echte Prärogative des Fürsten, welche auch dessen Recht beinhaltet, einem Gesetz die Sanktion zu verweigern.83 Eine solche Sanktionsver­ weigerung besteht sinnvollerweise im faktischen Nichtunterzeichnen des Erlasses. Bestünde nämlich die Sanktionsverweigerung in einem formel­ len fürstlichen Akt, käme der Regierungschef in die heikle Lage, ent- des Dringlichkeitstrechts bei der Umsetzung von EWR-Rjchtlinien in liechtensteini­ sches Recht bzw. bei der entsprechenden Anpassung des liechtensteinischen Rechts an EWR-Verordnungen aus. c Vgl. M. Batliner, S. 188 und Schurti S. 155, jeweils mit Verweis auf Kölz. 81 Vgl. M. Batliner, S. 191 mit weiteren Nachweisen. So hätte etwa die gescheiterte Volks- initiative aus dem Jahre 1991 betreffend Beibehaltung der 6-Tage-Woche an den Schulen als höherrangiges Recht die Regierungsverordnungen über den freien Samstag derogiert. Siehe hierzu a.a.O., S. 167 Anm. 160. 42 Eine solche gegen einen aufgrund des Zollvertrages geltenden Erlass gerichtete Initiative wäre zoll Vertrags widrig. Es fragt sich folglich, welchen Rang man dem Zollvertrag im Verhältnis zum inländischen Recht einräumt. Die Regierung scheint dahin zu tendieren, dem Zollvertrag zumindest Ubergesetzesrang einzuräumen (Postulatsbeantwortung über die Anwendbarkeit des Völkerrechts vom 17.11.1981, S. 14; zitiert bei M. Batliner, S. 190). Unklar wäre dann allerdings die Rechtslage bei einer entsprechenden Verfas­ sungsinitiative. 83 In anderen europäischen Monarchien ist die Sanktionsverweigerung hingegen praktisch kaum mehr durchsetzbar. Siehe M. Batliner, S. 17 Anm. 13. 223
	        

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