Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Hilmar Hoch unserem dualistischen Staatsaufbau, welcher der Regierung eine neutrale Stellung in der Mitte zwischen Landtag und Fürst zuweise.33 Bei den hier geschilderten Argumentationslinien bliebe natürlich nicht nur für fürstliche Weisungen kein Raum; das Gleiche müsste auch für die Landtagsmotion gelten, weil diese ebenfalls einen verbindlichen Gesetz­ gebungsauftrag an die Regierung darstellt.34 Ein möglicher Ausweg aus diesem Dilemma könnte darin bestehen, gemäss Art. 92 LV sowohl dem Fürsten als auch dem Landtag ein Auftragsrecht gegenüber der Regie­ rung zur Ausarbeitung von Gesetzesvorlagen zuzugestehen, jedoch ent­ sprechende inhaltliche Weisungen als mit dem Gewaltenteilungsprinzip nicht zu vereinbarenden Eingriff in die Autonomie der Exekutive zu qualifizieren.35 Darüber hinaus ist allerdings zu fragen, inwieweit ein möglichst voll­ kommenes Gleichgewicht zwischen dem monarchischen und dem demokratisch-parlamentarischen Element in unserer Verfassung heute noch postuliert werden kann. Jedenfalls wird in der Literatur zu Recht darauf hingewiesen, dass sich Liechtenstein im Rahmen der KSZE und des Europarates als primär demokratisches Staatswesen deklariert hat.36 Demnach erschiene ein Übergewicht des demokratischen Elements und damit auch ein einseitig stärkerer Einfluss des Landtages auf die Regie­ rung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens durchaus gerechtfertigt.37 3. Regierung Von den gemäss An. 64 Abs. 1 LV dazu berufenen Organen ist die Regierung in der Praxis der weitaus wichtigste Initiator von Gesetzes­ vorlagen. Die zunehmend komplexeren Gesetzgebungsaufgaben können immer häufiger nur noch von der Exekutive mit dem ihr zur Verfügung stehenden Verwaltungsapparat adäquat bewältigt werden.38 Anstosse zu Gesetzgebungsprojekten können durch die Regierung selbst erfolgen, aber auch Dritte, insbesondere Interessengruppen oder 53 G. Batliner, vorne S. 69. 54 Siehe a.a.O. und M. Batliner, S. 138. 35 In diesem Sinne Kieber, hinten S. 304ff. 36 Siehe Willoweit, S. 207 und G. Batliner, Schichten, S. 288f. 37 Vgl. Ritter, Gesetzgebungsverfahren, S. 71 Anm. 2, welcher zwar von einem Weisungs­ recht sowohl des Fürsten als auch des Landtages ausgeht, im Konfliktfall jedoch dem Landtag den Vorzug gibt. 39 Vgl. a.a.O., S. 72 und 75f. 212
	        

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