Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Herbert Wille Die Verfassung befindet sich, wie dies auch schon gesagt wurde, in einer "Schwebe-" oder "Zwischenlage" zwischen Monarchie und Demo­ kratie. Dass es nicht zu einer parlamentarischen Monarchie hat kommen können, obwohl die Reformkräfte immer wieder unter Hinweis auf das belgische Verfassungsvorbild die Ausdrücke "demokratische" oder "par­ lamentarische" Monarchie im Munde führten, ist aus der damaligen historischen Befindlichkeit zu erklären. Unter "parlamentarischer" Monarchie wollte man in den konservativen Kreisen bereits die Republik verstehen. Damit ist aber noch keine Antwort auf die gestellte Frage gegeben. Aus den dargebotenen Erörterungen über die Frage des Regierungssy­ stems erhellt, dass wir es weder mit einer konstitutionellen (im her­ kömmlichen Sinne) noch mit einer parlamentarischen Monarchie zu tun haben. Ein zwar eigenartiges, doch einleuchtendes Ergebnis, das sich aus der Sonderentwicklung, die der Verfassungsweg im Fürstentum Liech­ tenstein einschlug, aufdrängt. Dadurch dass die Verfassung - mit Ausnahme des Artikels 112 - keine Konfliktsvermittlung kennt, bleibt sie noch dem Staatsdenken des Kon­ stitutionalismus verhaftet. Sie verändert aber die Monarchie bzw. den "Konstitutionalismus" in Artikel 2 durch den Beizug der Demokratie als Grundlage, d.h. sie verändert (Grundlage) deren Charakter. Auf diese Weise kommt es mit Blick auf den bisherigen Konstitutionalismus zu einer weitergehenden Beschränkung der monarchischen Gewalt, d.h. zu einer Teilung der Staatsgewalt zwischen Fürst und Volk. Damit rückt unwillkürlich die Konfliktsvermittlung ins Zentrum des Geschehens und gewinnt an Aktualität. Zunächst kann festgestellt werden, dass die Verfassung Kompetenzen den beiden Gewalten zuordnet. Die Kompetenzverteilung beinhaltet in gewissem Sinne schon eine Vermittlung. Indem die Verfassung aber wesentliche Funktionen als Mitbestimmungszuständigkeiten formuliert, wie wir dies bei der Bestellung und Abberufung der Regierung gesehen haben, ohne den Konfliktsfall zu regeln, bleibt im entscheidenden Fall der Konflikt ungelöst. Die Antwort der Verfassungstheorie ist der Appell zur Einigung, d.h. zum Kompromiss.113 Eine Bestandesaufnahme in weiteren Bereichen des Verfassungsrechts, insbesondere eine Aufli­ stung der Kompetenzen bzw. der einseitigen und konsensbedürftigen 113 So Boldt, Deutsche Staatslehre im Vormärz» S. 280. 188
	        

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