Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Herbert Wille Verhalten fehl am Platze gewesen wäre. Die "Demokratisierung" der Monarchie war Volkswille und hatte in den früheren Monarchien von Österreich-Ungarn und Deutschland in die Republik umgeschlagen. Die Liechtensteiner sind mit der Demokratie in Berührung gekommen. Das Land ist künftig umgeben von Demokratien. Die Demokratieforderun­ gen waren nicht mehr aus der Welt zu schaffen. Die Frage war nur, wie­ weit sich das Regierungssystem vom bisherigen konstitutionell-monar­ chischen entfernen musste, um den Demokratieforderungen zu entspre­ chen. Der Fürst machte Zugeständnisse und zeigte Flexibilität, auch wenn noch keine wesentlichen Veränderungen in der Machtteilung ersichtlich waren. Die Zugeständnisse im Landtagsbeschluss vom 10. Dezember 1918 kommen einem Abtasten des Verfassungsweges gleich und sollen der Beruhigung der politischen Lage dienen. Von parlamentarischer Regie­ rungsweise ist nicht die Rede. Es sind lediglich Ansätze vorhanden. Auch wird zur Frage der Staatsgewalt noch keine Stellung bezogen. Klar geworden ist, dass der status quo nicht mehr beibehalten werden konnte, so dass der Fürst verfassungsaktiv werden musste, wollte er sich nicht in eine Selbstisolierung hineinmanövrieren, was bedeutet hätte, dass er den Gang der Verfassung nicht mehr hätte beeinflussen können. Die in der Folge aufgetretenen Verständigungsschwierigkeiten, wie sie in den Verfassungsentwürfen von Dr. Wilhelm Beck und Prinz Karl von Liechtenstein zutage getreten sind, konnten erst in den Schlossabma­ chungen ausgeräumt werden. Man war auch erst am Anfang der Verfas­ sungsdiskussion angelangt. Die Vorgänge um die Regierung zwangen den Fürsten zu entscheidungswirksamem Handeln. Er stellte dem Volks­ begehren in der Person des Prinzen Karl das monarchische Element des Staates gegenüber. Dieses Handeln verrät sicher einen pragmatischen Zug und ist aufgrund der kurzen Zeitspanne, die zur Verfügung stand, verständlich. In dieser Situation war ja ausgeschlossen, dass er wieder auf einen österreichischen Beamten zurückgriff, und eine liechtensteinische Persönlichkeit, die die beiden politischen Lager abdeckte, war nicht vor­ handen. Es rückt aber noch ein anderer Gesichtspunkt ins Blickfeld. Die Bestellung von Prinz Karl zum Landesverweser hat auch symbo­ lische Wirkung. Bisher war die Monarchie in der Hofkanzlei aufgetreten. Nun präsentiert sich die Regierung in einem Prinzen von Liechtenstein, im Fürstenhaus, selber. Man könnte dies auch einen klugen Schachzug nennen, wenn nicht die politischen Umstände ein solches Vorgehen auf­ 174
	        

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