Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Der historische Hintergrund chen Forderungen, die mit der Bürgerpartei und den konservativen Kräften der Wiener Hofkanzlei zu Differenzen und Karten Auseinander­ setzungen führen sollten. Der von der Volkspartei vorgegebene Rahmen wurde von ihr als "ein­ heimische, nationale", d.h. dem Lande Liechtenstein angepasste Politik bezeichnet. Der Einfluss von aussen wurde im Januar 1919 vor allem in bezug auf die unbesehene Übernahme Österreichischer Gesetze, bedingt durch den Zoll- und Steuervertrag mit Österreich-Ungarn, und die Ein­ setzung österreichischer Beamter in Liechtenstein abgelehnt. Die alte Verfassung von 1862 war nach Äusserungen der ON noch vom aus der absolutistischen Zeit stammenden Geist des Misstrauens gegen das Volk geprägt.54 Diesem obrigkeitsstaatlichen Standpunkt, wie er sich etwa in der Organisation der Staatsbehörden auf dem Verordnungswege aus­ drücke,35 wolle die neue Verfassung den Rechtsgrundsatz entgegenstel­ len, dass sich die Verwaltungstätigkeit nur auf das Gesetz gründen dürfe und Eingriffe in die persönliche Freiheit und in das Privateigentum nur auf Grund eines Gesetzes vorgenommen werden dürften.36 Die Volkspartei erachtete es als eine der wichtigsten Forderungen der Verfassungsrevision, dass "die Hofkanzlei als staatliches Organ vollstän­ dig zu verschwinden" habe.37 An deren Stelle habe die Verwaltungsbe- schwerde-Instanz zu fungieren. Als besonders störend wurde in diesem Zusammenhang empfunden, dass gegen einen Regierungsentscheid nur durch die Regierung nach Wien rekurriert werden konnte. Unter der Devise "Los von Wien" wurde bemängelt, dass die Regierung als betrof­ fene Partei bei Rekursfällen ihren Amtsbericht abzugeben hatte und dass in Wien die auf Vorschlag der Hofkanzleibeamtcn vom Fürsten ernann­ ten Wiener Advokaten, die Liechtenstein nie gesehen hatten, ihre Ent­ scheide fällten.38 Die Hofkanzlei wurde von der Volkspartei als eine in der Verfassung von 1862 nicht vorgesehene Instanz abgelehnt.39 Im Juni 1919 sprach eine Abordnung der Volkspartei beim in Vaduz weilenden Fürsten vor. Diese Deputation gab der Hoffnung Ausdruck, dass eine "eheste Revision der Verfassung in demokratischem Geiste" * ON 6/5. Februar 1919. 15 Siehe dazu $§ 27 und 28 der Verfassung von 1862. * ON 6/5. Februar 1919. » ON 25/12. April 1919. " ON 25/12. April 1919. » ON 25/12. April 1919. 121
	        

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