Pablo Picasso (1881-1973)
Femme au fauteuil No 4, 3.1.1949
2
F.
z
m.
3
Zinklithographie
70 X 55 cm
76,2 X 56,7 cm
Bez. u. 1.: 45/50, u. r.: Picasso
Bloch I 588; Mourlot II 137; Rau 395
LSK 85.02
1948 steht Pablo Picasso im Rampenlicht der Öffentlichkeit.
Am 24. August verleiht ihm die französische Regierung die
Medaille de Reconnaissance Francaise. Von grosser Bedeu-
ung wird für den Kommunisten Picasso auch die Teilnahme
zusammen mit Paul Eluard) am Friedenskongress der Intellek-
uellen in Breslau. Er besucht Krakau und später Warschau,
wo er am 2. September vom polnischen Staatspräsidenten eine
Auszeichnung erhält.
Von dieser Polenreise bringt er seiner Lebenspartnerin Fran-
zoise Gilot eine Jacke aus braunem Leder mit. Sie ist über und
iber mit Bauernstickereien in Rot, Blau und Gelb geschmückt
ınd besitzt weite, glockige Keulenärmel. Im November des glei-
z3hen Jahres beschliesst Picasso, eine grosse Lithographie zu
schaffen, die Francoise in eben dieser Jacke darstellen soll. Die
junge Frau tritt in dieser Zeit als Motiv in den Vordergrund.
Gemäss einer legendären Anekdote macht Henri Matisse Picas-
so auf Francoise als Modell aufmerksam, indem er zu ihm sagte,
er würde ihre Augenbrauen als Zirkumflexe darstellen und ihre
Haare grün malen. Daraufhin erwachten Picassos künstlerische
Rivalität und auch seine Besitzansprüche. Nicht nur in Gemäl-
den und Zeichnungen trägt er jetzt seine Empfindungen für
seine Lebenspartnerin in die Welt hinaus, sondern auch mit den
veiden lithographischen Serien Frangoise und eben Femme au
fauteuil. Sie zeigen den engen Zusammenhang von erotischer
Faszination, seinen partnerschaftlichen Besitzansprüchen und
seiner künstlerischen Kreativität, den diese neue Beziehung in
ihm auszulösen vermochte.
Die Lithographie will Picasso in fünf Farben gestalten: Rot,
Grün, Gelb, Violett und Schwarz. Doch er ist vom ersten Farb-
abzug wenig angetan. Als ihn auch der zweite Zustand nicht
jefriedigt, lässt der Künstler die Zinkplatten jeder einzelnen
Farbe für weitere Retuschen vorbereiten, gleichzeitig werden sie
in Schwarzplatten umgewandelt. Vom November 1948 bis in den
Januar 1949 beschäftigt sich nun Picasso mit den verschiedenen
Platten. Jede von ihnen wird zum Ausgangspunkt für eine eige-
1e Serie von Zustandsdrucken. In keiner anderen Graphikfolge
;otet Picasso das Thema so umfangreich aus wie in den 31 Va-
rjationen von Femme au fauteuil, Die vorliegende Version ent-
stand nach der Zinkplatte, die für die violette Farbe vorgesehen
war. Picasso schuf auf dieser Platte sieben Zustände. Das vor-
jegende Blatt ist die fünfte Version vom 3. Januar 1949. Die
Srontalkomposition wirkt hier besonders altmeisterlich aus-
geprägt, fast archaisch. Unterstrichen wird dieser Eindruck
durch die holzschnitfärtige Flächenhaftigkeit mit ihren harten
Schwarzweisskontrasten. S.A.
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