Österreich Diese Interessen bedürfen keiner speziellen Bündelung in Form zentrali- stischer, dicht organisierter Verbände; sie können sich direkt in den Partei enstaat und Parlamentarismus einbringen, sie können sich unmittelbar durchsetzen. Der von der Sozialpartnerschaft wegführende Trend begün stigt diejenigen Interessen, die politisch eher «out», weil im Verbändestaat nicht primär berücksichtigt sind; die aber sozial eher «in», eben weil grund sätzlich durchsetzungsfähig sind. Die Abkehr von der Sozialpartnerschaft bedeutet eine Entscheidung gegen die konservativen und - vorsichtig - reformistischen Interessen, die traditionell die Sozialpartnerschaft tragen. Diese Abkehr bedeutet eine Ent scheidung für besonders innovationsfreudige, auch risikofreudige Interes sen. Zusammenfassung Die Diskussion um Verbändestaat und Sozialpartnerschaft in Österreich geht in eine sehr widersprüchliche Richtung. Die in der Öffentlichkeit dominante Meinung sagt eher Nein zum Verbändestaat und dennoch Ja zur Sozialpartnerschaft - als ob man das gewünschte Ergebnis, die (tatsäch lichen oder scheinbaren) sozialen Harmonieeffekte der Sozialpartnerschaft, von ihren Rahmenbedingungen, eben vom Verbändestaat, so einfach tren nen könnte. Ohne dass einer Katastrophentheorie das Wort geredet wird, ohne dass eine Zusammenbruchsthese der Sozialpartnerschaft möglich ist, so ist den noch die Aussage im Sinne einer Kosten-Nutzen-Analyse möglich: Die österreichische Sozialpartnerschaft ist deshalb bereits im Abstieg, weil der Verbändestaat im Abstieg ist - ohne spezielle Weichenstellung, ohne ent sprechende Grundsatzentscheidung, sondern einzig und allein aufgrund einer Änderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Sozial partnerschaft hat ihren Höhepunkt bereits hinter sich - ob es politisch gewollt wird oder nicht. Institutionelle Eingriffe, bewusste politische Weichenstellungen - wie z. B. die Aufhebung der Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern - bedeuten nur eine Beschleunigung dieses ohnehin bereits ablaufenden Trends. Dieser Trend geht in Richtung auf Verschiebung der Rangordnung der Werte. Der «soziale Friede» wird weniger wichtig - ohne unwichtig zu werden; politische Berechenbarkeit und Stabilität hören auf, erstrangig zu sein - ohne letztrangig zu werden. An Bedeutung nehmen hingegen zu: Demo kratie als Möglichkeit der unmittelbaren Beteiligung Betroffener; und Inno 41