Volltext: Politischer Wandel in konkordanzdemokratischen Systemen

Helga Michalsky kommt es auch hier zu Vertagung bzw. Nicht-Entscheidung wie bei den Vorhaben, die von vornherein auf starke Gegnerschaft stossen oder deren Ausrichtung kontrovers ist. Den Vorstellungen von 
Konkordanz entspricht es, dass beide Parteien am Entscheidungsprozess direkt beteiligt sind und ihre Positionen in allen entscheidenden Gremien selbst vortragen können. Es bedeutet, dass nach einem Kompromiss gesucht wird, aber es bedeutet nicht, dass dieser in jedem Fall gefunden wird. Regierungsbeschlüsse und Parlamentsentschei­ dungen kommen schliesslich mit Mehrheit zustande, und da eine der bei­ den Regierungsparteien die Mehrheit hat, kann sie sich gegebenenfalls durchsetzen.23 Da Mehrheit und Minderheit mit dem Wahlergebnis zahlenmässig fest­ stehen, ist es nicht verwunderlich, dass die 
Fraktionsdisziplin, aus den Rei­ hen der Minderheitspartei als Fraktionszwang angeprangert, in der politi­ schen Auseinandersetzung immer wieder einmal zum Thema gemacht wird. Erst die Entscheidung, dass die gesamte Regierung im Landtag an­ wesend ist und jeder Ressortinhaber sein Ressort selbst vertritt (seit 1971 praktiziert) und nicht nur der Regierungschef im Landtag auftritt, eröffnete die Möglichkeit eines parlamentarischen Schlagabtauschs zwischen den Fraktionen und den Ressortinhabern der jeweils anderen Partei. Das darin liegende Element parlamentarischer 
Kontrolle «übers Kreuz» (Allgäuer) wird wegen mangelnder Konsequenz freilich nicht sehr hoch veranschlagt.24 Die praktizierte Form der Regierungszusammenarbeit wird im Sprach­ schatz der Politiker auch als 
«Koopposition» bezeichnet, während der Begriff Konkordanz nicht gebräuchlich ist.25 Die Koalition ist heute selbst eine Art Institution. Das zeigt sich am deut­ lichsten daran, dass die Mehrheitspartei die Koalition praktisch nicht auf­ kündigen kann. Der Vorwurf, sie wolle «Machtpolitik» betreiben, d. h. von ihrem Mehrheitsrecht uneingeschränkt Gebrauch machen, soweit es die Verfassung zulässt, Hesse nicht auf sich warten, und er würde sofort Glau­ 23 Vgl. Rene A. Rhinow, Grundprobleme der schweizerischen Demokratie, in: Zeitschrift für Schweizerisches Recht, Bd. 103 (1984), 2, (111-273) 246 f. 24 Vgl. Thomas Allgäuer, Die parlamentarische Kontrolle über die Regierung im Fürsten­ tum Liechtenstein, LPS Bd. 13, Vaduz 1989, 357ff.; früher schon Batliner, a. a. O., 155 f. 25 Vgl. Batliner, a. a. O., 144; Allgauer, a. a. O., 357-359. Es handelt sich hierbei nicht um eine Bereichsopposition, wie sie in Osterreich zu Zeiten der ersten grossen Koalition prak­ tiziert wurde, um beiden Koalitionspartnern die Möglichkeit zu geben, in bestimmten Domänen besondere Interessen ihrer Anhängerschaft zu vertreten. 148
	        

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