Volltext: Politischer Wandel in konkordanzdemokratischen Systemen

Hans Geser produzierten Güter beträchtlich geringer ist als in grossen Staaten. Als Folge davon sieht sich jeder Kleinstaat gezwungen, eine sehr umfangreiche und andauernd erfolgreiche 
Exportwirtschaft aufzubauen, um in den Besitz der für seine vielen Importe notwendigen 
Devisen zu gelangen. Angesichts der 
Kleinheit der Verhältnisse (und der damit verknüpften Knappheiten an Personal, Kapital u. a.) ist dies wiederum nur möglich, wenn sich das Land auf einige wenige, international wirklich konkurrenzfä­ hige Produktionszweige spezialisiert. Das aber hat zur Folge, dass es makroökonomisch in hohem Umfang von der Entwicklung relativ weniger Spezialmärkte abhängig wird, bei deren Niedergang es Erschütterungen hinnehmen muss, die das Land als Ganzes und (direkt oder indirekt) grosse Teile seiner Bevölkerung mitbetreffen. Die Kontrolle über solche Export­ märkte ist normalerweise äusserst gering. Denn abgesehen von wenigen Ausnahmen vermögen Kleinstaaten nur solche Güter oder Dienstleistun­ gen zu produzieren, die von Konkurrenten in vielen andern Staaten eben­ sogut angeboten werden können, und überdies gelingt es ihnen selten, irgendwo eine marktbeherrschende Stellung zu erreichen. Wenn man zu solch ökonomischen Verwundbarkeiten noch zahlreiche analoge Kontingenzen im politisch-militärischen oder auch kulturellen Bereich hinzurechnet, muss man folgern: Das Hauptproblem politischer Entscheidungsfindung ist im Kleinstaat häufig nicht primär ein Problem der Selektivität (d. h. der autonomen Wahl zwischen verschiedenen Alternati­ ven), sondern der 
Adapüvität (d. h. der optimalen Anpassung der Binnen­ verhältnisse an vorgegebene und unkontrollierbare Umweltsituationen). Unter diesen Bedingungen liegt es aus folgenden Gründen nahe, den Zugang zur politischen Entscheidungsfindung 
inklusiv zu gestalten und die Regierungsarbeit auf eine 
Kooperation zwischen allen gesellschaftlichen Gruppierungen (insbesondere auch zwischen den Wirtschaftsverbänden) abzustützen. 1) Die häufige Erfahrung, 
gemeinsam durch dieselben äusseren Probleme (z. B. Verluste in der internationalen Konkurrenzfähigkeit) betroffen zu sein, schafft günstige Voraussetzungen dafür, dass unterschiedlichste Gruppierungen das Gefühl, «miteinander im selben Boot zu sitzen», entwickeln und dass trennende Gesichtspunkte, die mit Unterschieden der Klassenlage, 
Religion oder ideologischen Gesinnung zu tun haben, in den Hintergrund treten. Die generelle 
politische Depolarisierung und Deprofilierung, die man innerhalb kleiner Staaten oft findet, kann zudem verstärkt werden durch das Bewusstsein, dass es sich bei den zu lösen­ 108
	        

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