Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Anschlussgefahren sehen Bevölkerung - durch Petitionen an den Landtag - bereits einen Zoll­ vertrag mit der Schweiz statt mit Österreich-Ungarn.37 9. Liechtenstein an den Papst abtreten? Mitten im Ersten Weltkrieg, im Jahre 1916, wurde ein ebenso kurioser wie geheimer und ernst gemeinter Plan bis kurz vor die Verwirklichung vor­ angetrieben. Er war vom deutschen, katholischen Politiker Matthias Erzberger ausgedacht. Das Fürstentum Liechtenstein sollte dem Papst ab­ getreten werden, der Fürst wäre noch Statthalter des Papstes im Lande geblieben. Der Papst, der mit Italien seit langem wegen dem ehemaligen Kirchenstaat im Streit lag, hätte damit ein neues, souveränes Gebiet erlangt. Liechtenstein wäre formal neuer Kirchenstaat geworden, ohne dass aber der Papst hierher übersiedelt wäre. Der Plan scheiterte an den Mitgliedern des Fürstenhauses, vor allem am Prinzen Franz (der später Fürst wurde), während der zu jenem Zeitpunkt regierende Fürst Johann IL, der sehr fromm lebte, sich mit der Abtretung an den Papst einverstanden zeigte - allerdings im Wissen, dass die Agnaten ab­ lehnten und damit eine Realisierung des Plans unmöglich war.38 Dies wäre nicht ein eigentlicher «Anschluss», sondern ein Regenten­ wechsel nach altem Kabinettsstil gewesen. Im Land wusste man offensicht­ lich nichts davon. Ob die liechtensteinische Bevölkerung sich gefügt hätte, wäre ungewiss gewesen. Und die Schweiz lütte wegen ihres konfessionel­ len Gleichgewichts wohl auch noch mitreden wollen. 10. Unsicherheit und Neuorientierung nach dem Ersten Weltkrieg Gleich nach dem Ersten Weltkrieg entstand für Liechtenstein eine schwie­ rige Situation, in der gerade auch unter dem Blickwinkel der Anschluss­ frage Risiken sichtbar werden. Ein liechtensteinischer Amerika-Auswande­ rer fragte 1919 im «Liechtensteiner Volksblatt», was nun nach dem Krieg aus Liechtenstein werde: 37 Gemeindeweise Bittschriften an den Landtag von 201 Schaanem, 152 Triesenbergern, 149 Triesnem, 88 Maurern, 86 Eschnern, 51 Schellenbergern (darunter drei Frauen) und 30 Planknern, dem Landtag ab dem 29. Januar und im Februar 1863 überreicht, LLA Land­ tagsakten i862/63, L5, Nr. 24 ff. - VgL Geiger, Geschichte, 339 ff. 38 Liebmann, 229 ff. 67
	        

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