Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Anschlussgefahren Liechtenstein gilt in der Staatenwelt als Phänomen, als merkwürdiges, der Geschichte entwachsenes, ja entronnenes Naturspiel, da doch sonst klei­ nere staatliche Gebilde in der Neuzeit in grösseren und grossen Staaten auf­ gingen. Das «Übrigbleiben» findet in manchen Charakterisierungen Niederschlag, wenn Liechtenstein etwa als «letzte deutschsprachige Monarchie»,1 als «letztes Reichsfürstentum» oder gar als «Reliquie»2 bezeichnet wurde, also als sorgsam bewahrtes und verehrtes, aber totes Knöchelchen vom lang verblichenen Körper des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Mit Verwunderung wird zur Kenntnis genom­ men, dass das Fürstentum sich als selbständiger, souveräner Staat zu erhal­ ten vermocht hat,3 obwohl klein, unbewaffnet, monarchisch und demokra­ tisch zugleich, seit dem Zweiten Weltkrieg auch zunehmend reich. Das kleine Land und seine Bewohner waren denn auch im Laufe der Geschichte immer wieder vom Aufgehen in grösseren Gebilden bedroht. Im dafür im 20. Jahrhundert verwendeten und belasteten Begriff «Anschluss» stecken zwei Aktionsrichtungen: Anschluss als Einverleibung aufgrund äusseren Zwangs und Anschluss aus eigenem Willen als Selbst­ aufgabe. Beides, Zwang von aussen und Drang von innen, mochte gele­ gentlich zusammenwirken. Hier soll für einmal der Blick unter der Anschluss-Fragestellung über die liechtensteinische Geschichte schweifen. Wann und wie bestanden für Liechtenstein Anschlussvorstellungen und Anschlussgefahren? Warum realisierten sie sich nicht? Aus den Ergebnissen wird auch die Frage, warum sich Liechtenstein selbständig erhalten konnte, teilweise beantwortet wer­ den. Dabei wird ein Bestimmungsmerkmal Liechtensteins, seine Kleinheit 1 So bei Alexander Ignor, Monarchisches und demokratisches Prinzip in der liechtensteini­ schen Verfassungsentwicklung, in: Press/Willoweit, 467. 2 So in einem «Volksdeutschen» Expose vom 25. Februar 1941, IIA GS 78/358 (Dok. G). 3 Z. B. Georges Scelle (Paris) 1949 im Vorwort zur 1. Ausgabe von Raton, 10. 53
	        

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