Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Helga Michakky Parteien, formell Parteipräsidium oder -vorstand, in Wirklichkeit wohl vor­ bereitet durch Gespräche im noch kleineren Kreis, in die Entscheidungsfin­ dung einbezogen sind und dass zahlenmässig grosse Gremien wie Landes­ vorstand und Landesausschuss vor allem in den Kommunikationsfluss von oben nach unten, aber auch von unten nach oben, integriert sind. Indem die Regierungsmitglieder über ihre Arbeit im kleineren Kreis berichten, nehmen sie zugleich Anregungen und Hinweise auf und regi­ strieren Widerstände gegen ihre Vorhaben oder einzelne Aspekte davon. In diesen Kontakten sind auf beiden Seiten die Spitzenfunktionäre der Partei und die Spitzenmandatare beteiligt. Da diese Gremien nicht mit Mehrheits­ entscheiden arbeiten, können wir ihr Funktionieren mit jenen Mechanis­ men erklären, die Arno Waschkuhn modellhaft für kleine Sozialsysteme vorgestellt hat.4 Die Haltung der Regierungsparteien zum Referendum und zur Volks­ initiative ist ambivalent. Grundsätzlich sind sie an Lösungen interessiert, die nicht zum Referendum herausfordern, weil sich darin die Unzufriedenheit mit der Regierungsarbeit ausdrückt. Vor allem die Mehrheitspartei kann kein Interesse an dieser Art von Bürgerkritik haben. Etwas anders ist die Situation für die Minderheitspartei. Sie kann versuchen, eine Mehrheitsent­ scheidung durch Volksabstimmung zu revidieren, indem sie aus ihren Rei­ hen eine Initiative lanciert. Aber sie muss die Erfolgsaussichten kalkulieren, denn nur im Falle des Erfolges lohnt es sich für sie. Eine Initiative kann natürlich auch von dritter Seite kommen, was beide Parteien nicht wün­ schen können. Wie in der Schweiz erhöht die Möglichkeit des Referen­ dums generell die Kompromissbereitschaft der Regierungsparteien, stärkt also die Kooperation oder die Konkordanzelemente des politischen Systems, um es in der Sprache der Sozialwissenschaft zu sagen. Anders sind die Überlegungen, wenn das Referendum von den Regie­ rungsparteien gemeinsam genutzt wird. Dann sind beide Parteien sich darin einig, die Anerkennung eines bereits vom Landtag beschlossenen Gesetzes durch eine Volksabstimmung zu erhöhen, nicht selten kommen sie damit einer Volksinitiative zuvor. Der Vorteil besteht darin, dass im ersten Fall die Landtagsparteien an demselben Strick ziehen, während andernfalls eine parteipolitische Spaltung über die Initiative entstehen kann. 4 Waschkuhn in diesem Band. 270
	        

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