Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Entstehung der Parteien «der in Treue zu unserem Fürsten und Fürstenhause für einen gesunden, den Forderungen der Neuzeit und dem Wohle des Landes entsprechen­ den Fortschritt eintreten will, für einen Fortschritt in den Bahnen der Ordnung und Gesetzlichkeit»85 Der Formierungsprozess der liechtensteinischen Parteien ist mit der zwei­ ten Parteigründung am 22. Dezember 1918 nicht abgeschlossen. Diese bil­ det freilich einen wichtigen Einschnitt, schafft sie doch einigermassen klare parteipolitische Alternativen für den mehrjährigen Prozess der Neuorien­ tierung Liechtensteins in der entstehenden europäischen Nachkriegsord­ nung. Für die Konsolidierung der beiden Parteien bildet die politische Auf­ bruchstimmung am Ende des Ersten Weltkrieges eine nicht wegzuden­ kende Voraussetzung. Hier hat auch der Gegensatz der beiden parteipoliti­ schen Richtungen seine historische Grundlage. 5. Schlussbetrachtung Die Kleinheit Liechtensteins hat offensichtlich die Entstehung von Parteien nicht verhindert. Mittelbar hat die Kleinheit jedoch die Entstehung von Par­ teien verzögert. Kleinheit ist ein Faktor, der die Modernisierung von Gesell­ schaften in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht hemmen kann. Wenn man sagt, dass Liechtenstein auch deshalb lange ein rückständiges Land war, weil es so klein ist, dann ist dies eine der mittelbaren Erklärungen dafür, dass es in Liechtenstein erst vergleichsweise spät zur Gründung von Parteien gekommen ist. In diesem Zusammenhang ist auch die gängige Erklärung zu betrachten, Liechtenstein habe keine Parteien entwickelt, weil es sozial homogen war. Diese Erklärung befriedigt deshalb nicht, weil sie zu der weiteren Frage zwingt: Warum kam es dann später zur Bildung von Parteien trotz der so­ zialen Homogenität der liechtensteinischen Bevölkerung? Eine modernisie­ rungstheoretische Erklärung der Parteienentstehung schliesst demgegen­ über auch politische Entscheidungen mit ein. Sieht man den Zeitpunkt und die Umstände, unter denen die liechtensteinischen Parteien entstanden, so können wir von einer Modernisierungsinitiative sprechen, die im Lande selbst ihren Keim hatte, aber durch die Umbrüche in Europa von aussen kräftige Anstösse erhielt. Die politischen Forderungen und Zielvorstellun­ 85 Ebd. 253
	        

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