Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Entstehung der Parteien tränierte, wurde Kritik nur in der Form eines allgemeinen Wunsches nach Einführung des direkten Wahlrechts angesprochen, so dass die Zeitung nicht selbst eine Forderung erhob, sondern lediglich Wünsche und Kritik aus der Bevölkerung wiedergab.32 Zwei Themen lösten eine Diskussion zwischen den beiden Zeitungen aus, deren Bedeutung über den unmittelbaren Gegenstand hinausreichte. Beide Kontroversen wurden von den Oberrheinischen Nachrichten ausge­ löst und hatten auch wahlpolitischen Charakter. In einem der ersten Bei­ träge, «Der Franken unseres Arbeiters»33, ging es um die Bedeutung der Löhne liechtensteinischer Saisonarbeiter in der Schweiz für die liechtenstei­ nische Wirtschaft. Der Artikel diente nicht nur der Anerkennung des Bei­ trages, den die Saisonarbeiter für die Wirtschaft des Landes erbrachten, sondern auch der Würdigung der Saisonarbeiter als Bürger - auch als Wahlbürger, wie sich hinzufügen lässt. Gleichzeitig enthielt dieser Artikel einige Spitzen gegen Osterreich und setzte die wirtschaftliche Bedeutung, die Österreich für Liechtenstein hatte, herab. Dieser Punkt bestätigte das Volksblatt in seiner Auffassung, dass Beck für die Schweiz voreingenom­ men sei und gegen Österreich nur Vorurteile habe. Die Diskussion, die sich in Leserbriefen beider Zeitungen über viele Wochen erstreckte, zeigte auch die unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen von Unter- und Oberlän­ dern, die sich in den beiden Zeitungen gegenüberstanden.34 Der Entscheidung über ein eigenes liechtensteinisches Elektrizitätswerk, für die im Sommer 1914 der Landtag zu einer ausserordentlichen Sitzung zusammentreten sollte, ging eine ausgiebige Diskussion in beiden Zeitun­ gen über das Für und Wider voraus. Auch dies war ein Thema, bei dem es Interessenunterschiede zwischen Ober- und Unterland gab. Es war der Existenz des zweiten Blattes zuzuschreiben, dass es überhaupt zu dieser öffentlichen Meinungsbildung kam, an der sich in beiden Zeitungen eben­ falls zahlreiche Bürger beteiligten. In dieser Auseinandersetzung kam im Volksblatt stärker die vorherrschende Meinung im Unterland und in den Oberrheinischen Nachrichten praktisch nur die des Oberlandes zu Wort.35 Zu den Zielen der neuen Zeitung musste es nicht nur gehören, bei Sach­ fragen zur Meinungsbildung beizutragen, sondern auch deutlich zu machen, wessen Interessen mit einer bestimmten Position verfolgt werden 32 O.N. 20.6.1914. 33 O.N. 30.5.1914. 34 O. N. 20.6.1914; L. V. 13., 20., 27.6.1914. 35 O. N. 23.5., 30.5., 20.6., 27.7.1913; L. V. 15.5., 13., 20., 27.6.1914. 235
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.