Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Thomas Bruba 3. Der Schlüssel zu einer solchen Strategie liegt im Grundsatz der Part- nerschaftlichkeit: Öffnet sich Liechtenstein solidarisch den berechtigten Anliegen seiner europäischen Nachbarstaaten - und hierzu zähle ich auch das Interesse an einer Eindämmung der Kapitalflucht - dann kann es - als Privileg seiner Kleinheit - auch auf die Respektierung und den Schutz seiner «vitalen ökonomischen Interessen» vertrauen. Gleichzeitig öffnet dieses kooperative Verhalten die Tür zur partnerschaftlichen Vollmitgliedschaft in Integrationsverbänden, die vergleichsweise hohe Anforderungen an die Staatlichkeit und internationale Handlungsfähigkeit beitrittswilliger Länder stellen. 4. Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR), mit Blick auf den sich die Integrationsproblematik zur Zeit am unmittelbarsten stellt, ist räumlich wie zeitlich als Teil eines umfassenderen, tendenziell gesamteuropäischen Inte­ grationsprozesses zu verstehen. Insbesondere dürfte sich die Mitgliedschaft in ihm nicht als Dauerersatz für eine EG-Mitgliedschaft eignen. Die EWR- Mitgliedschaft tendiert zur Vollmitgliedschaft in der Europäischen Gemein­ schaft. Dies bietet Liechtenstein allerdings eine historisch günstige Chance, sich der EG-Mitgliedschaft, sollte der volle Einbezug in das EG-System ein­ mal notwendig werden, ein gutes Stück zu nähern. Ohne entsprechenden «Zwischenschritt» dürfte Liechtenstein kaum in der Lage sein, die Hürde der EG-Mitgliedschaft (oder den Sprung in eine Europäische Union) - sozusagen aus dem Stand - zu nehmen. 5. Das dynamische Potential des EWR-Vertrages sowie die mit ihm ver­ bundenen erheblichen Eingriffe in die Rechtsordnungen der Mitgliedstaa­ ten und seine Auswirkungen auf den innerstaatlichen Entscheidungspro­ zess unterscheiden ihn von herkömmlichen völkerrechtlichen Verträgen oder etwa einem UNO-Beitritt. Für derart folgenreiche Schritte in den eu­ ropäischen Integrationsprozess fehlt es in der liechtensteinischen Verfas­ sung meines Erachtens an einer adäquaten und zweifelsfreien Rechtsgrund­ lage. Ich plädiere daher für eine Verfassungsänderung, die inhaltlich wie prozedural eine besondere Integrationskompetenz schafft und so auch einen eventuellen EWR-Beitritt auf eine denkbar breite demokratische Legitimationsgrundlage stellt.121 121 Siehe zur verfassungsrechtlichen Dimension des europäischen Integrationsprozesses jüngst die Zürcher Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (3. bis 6. Oktober 1990) zum Beratungsgegenstand «Der Verfassungsstaat als Glied einer Europä­ ischen Gemeinschaft» mit Berichten von H. Steinberger, E. Klein und D. Thürer (dazu NZZ vom 17. Oktober 1990, 25); speziell zum Demokratieprinzip Bruha. 214
	        

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