Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Liechtenstein im Integrationsprozess Zurück aber zu den Institutionen: Indem der Europäische Wirtschafts- raum als Zwischenschritt auf dem Weg zur europäischen Einigung und gegebenenfalls in die Europäische Gemeinschaft greifbar ist, bietet sich Liechtenstein die Chance, sich einen Platz im «Staatenabteil des Integra­ tionszuges» zu sichern. Die gleichberechtigte Mitgliedschaft in der EWR- Organisation dürfte das Maximum dessen darstellen, was Liechtenstein im Prozess der europäischen Integration zur Zeit erzielen kann. Eine Mitglied­ schaft in der Europäischen Gemeinschaft wäre gegenwärtig völlig undenk­ bar.104 Anders eventuell nach Absolvierung der EWR-Phase: Ich könnte mir vorstellen, dass Liechtenstein, einmal einer von neunzehn EWR-Mit- güedstaaten, nicht mehr so ohne weiteres «unter den Tisch fallen» kann, sollte es irgendwann einmal zu einer Uberführung des EWR in die Europä­ ische Gemeinschaft oder eine nach dem Subsidiaritätsprinzip strukturierte Europäische Union kommen. Letzter Punkt meines Plädoyers für einen dritten Weg wäre die Frage der rechtlichen Konstruktion einer gleichberechtigten Vollmitgliedschaft Liechtensteins im EWR (immer vorausgesetzt, es lässt sich eine materiell­ rechtlich akzeptable Form der Beteiligung erreichen - was erst die Ver­ handlungen zeigen werden). Lassen Sie mich wiederum mit den Rahmen­ bedingungen beginnen. Wäre eine gleichberechtigte Mitgliedschaft Liech­ tensteins zusammen mit der Schweiz unter der Geltung des Zollvertrages105 - der auf die Schnelle kaum umfassend revidiert werden könnte - rechtlich überhaupt möglich? Sie wissen, dass Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung die bekann­ ten Bestimmungen des Zollvertrages zu sein haben, denen gemäss Liech­ tenstein nach innen wie nach aussen seine Hoheitsrechte in den Bereichen Handels- und Zollsachen (sowie mit diesen verknüpfte Materien) an die 104 In der Diskussion im Anschluss an den Vortrag wurde eingewandt, dass Liechtenstein an einem EG-Beitritt zur Zeit kaum Interesse haben könnte. Das mag sein. Wie aber sähe die Situation aus, wenn die Schweiz eines Tages diesen Weg ginge? Muss Liechtenstein nicht für diesen Fall - wenn auch nur im Sinne der «Offenhaltung aller Optionen» (FL-Integra- tionsbericht I, 79 ff.) - Vorsorgen? Siehe dazu aber auch das Interview mit Fürst Hans Adam II. in der Sonderbeilage des Liechtensteiner Volksblattes vom 14. August 1990,2 f., in dem dieser einen Sonderweg Liechtensteins gegenüber der Schweiz im Fall einer schweizerischen EG-Mitgliedschaft für durchaus erwägenswert erklärt hat; noch deutli­ cher in Richtung eines liechtensteinischen Sonderweges im Interview mit der Schweizer Handelszeitung vom 11. Oktober 1990, 45 f. 105 Vertrag zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet vom 29. März 1923, LGBL 1923/24. 209
	        

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