Thomas Bruba durchgesetzt worden ist,64 werden die Parteien verpflichtet sein, sich um eine Behebung der Normenkollision, d. h. praktisch um eine Anpassung des gemeinsamen EWR-Rechts an die einseitig gesetzten Rechtsakte der EG (oder der EFTA-Staaten, die sich natürlich theoretisch auch auf einen entsprechenden «Vorbehalt» berufen könnten) zu bemühen. Was aber, wenn auch diese Einigung nicht gelingt? Dann bestünde der gemeinsame Wirtschaftsraum - gegebenenfalls nach Ablauf gewisser Fristen65
- insoweit eben nicht mehr, mit der rechtlichen Folge, dass die «EFTA-Bank» in Frankfurt vor der Wahl stünde, sich entweder dem neuen EG-Recht zu beugen oder aber ihre Niederlassung im Gemeinschaftsgebiet aufzugeben (jedenfalls in der bislang betriebenen Form). Dass sich unter dem Damoklesschwert derartiger Vorbehalte - unter dem theoretisch natürlich auch eine «EG-Bank» in Zürich (oder Vaduz?) stünde - letztlich das «Recht des Stärkeren» durchsetzen, und das EWR- Recht in der Regel doch dem EG-Recht angepasst werden dürfte, liegt auf der Hand. Ich glaube daher, dass der EWR-Vertrag faktisch doch ein dem gegebenen Kräfteverhältnis Rechnung tragendes, asymmetrisches Bezie hungsgeflecht aufbauen wird, in dem die formale Rechtsgleichheit der Par teien die überwiegende Abhängigkeit der EFTA-Staaten nur vordergrün dig kaschieren kann. Das ist auf die Dauer unbefriedigend und wird es um so mehr, je weiter der Integrationsprozess im Rahmen des EWR - mit einer gewissen Sachlogik, wie ich bereits bemerkt habe - politikinhaltlich vor anschreitet. Das im EWR-System dem Grunde nach angelegte «partizipa- tive Defizit» wächst. Der Schritt zur vollen EG-Mitgliedschaft wäre wohl, irgendwann nichts als konsequent. Deshalb sollte man sich m. E. in den EFTA-Staaten, für die ein EG-Bei tritt auch kurz- und mittelfristig eine akzeptable Option ist, schon jetzt überlegen, ob dieser Schritt nicht unter Umständen einem nur «halben» Schritt in den EWR vorzuziehen sei. Und umgekehrt: Meint man, sich bereits jetzt sicher sein zu können, dass eine EG-Mitgliedschaft - aus wel 64 Siehe das Lugano-Abkommen zwischen den EG- und EFTA-Staaten (mit Ausnahme von Liechtenstein) über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988, Protokoll Nr. 3 (Text in: Botschaft des Schweizerischen Bundesrates, BBl. Nr. 16, Bd. II vom 24. April 1990,265-382); ferner das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft betreffend die Direktversicherung mit Ausnahme der Lebensversicherung vom 10. Oktober 1989, Art. 39 (Text in: Meyer-Mar- siüus, Ziffer 6.2.I.). 65 Vgl. etwa Art. 39 Ziffer 4 des Versicherungsabkommens. 200