Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Struktur bedingungen des Kleinstaates Satz: «Raum in allzu kleinen Hütten fordert Paarung und Gefahr», um dann in bezug auf Liechtenstein fortzufahren: «Das ganze Land ist ein grosses Dorf. Jeder kennt jeden. Man hält sich auf dem laufenden. Wie geht der Liechtensteiner damit um? Klaustro­ phobie ist ihm ein Fremdwort - die Erfahrung der seelischen Verengung ist ihm bekannt. Kennt er Angst? Angst vor Nähe? Angst vor dem «Sich-zu-nahe-auf den Leib-rücken»? Ein Liechtensteiner ist einer, der die Kunst des Ausweichens beherrscht. Er hütet sich vor Fesdegungen. Aus- und Umwege sind ihm vertraut. Worte sind ihm geläufiger als Taten, gerne flüchtet er in die Privatheit und dort vor die Glotze. Intimi­ tät wird zwar gesucht, aber unter dem Zaun hindurch, jenseits des gros­ sen Flusses. Der Sehnsucht nach Heimat steht der Drang in die Ferne ge­ genüber. Das ist anthropologische Dialektik. - Es gibt genügend Identi­ tätsprothesen für Entwurzelte: Zum Beispiel «Wir Liechtensteinep>. Ein Held, ein Kühner, ein Sieger, ein dritter Rang im Sport genügt, um aus einem «er» oder «sie» ein «WIR» zu schlagen. Bereitschaft zur Nähe ist wirklich da, vor allem zum Geld, zu Besitz und Kapital. «Uns Liechten­ steinern geht es gut, so soll es bleiben». An den Gesichtern sollt ihr sie erkennen. Ja - Menschen werden soweit zur Kenntnis genommen, wie sie nützen. Was nichts einbringt, interessiert nicht. Die Kunst des Aus­ weichens geht soweit, dass noch nicht bemerkt wurde, wie mitderweile die Gesetze der Geldwelt die humane Ordnung zerfressen haben, die noch vor wenigen Jahrzehnten das Bild Liechtensteins geprägt hat.»17 Von Alois Büchel, dem verdienstvollen Intendanten des Theaters am Kirchplatz in Schaan, stammt in diesem Zusammenhang, aber an anderer Stelle, der Satz: «Es ist leichter, die Berliner Mauer abzureissen als Mauern aus Gold. - Man könnte auch erweiternd sagen, als Mauern aus Indifferenz, Angst, Opportunismus um scheinbarer und momentaner Vorteile willen, aus Anpassungsmechanismen der verschiedensten Art.»18 Es kommt daher nicht von ungefähr, dass in Liechtenstein die Zahl der psychischen Erkran­ kungen relativ hoch ist und die der Zwangseinweisungen wächst. Die Fol­ gen der rasanten wohlfahrtsgesellschaftlichen Entwicklung (wie im «Zeit­ raffen)), der Verlust tradierter Sozialmilieus, das umgreifende Sinndefizit und die allgemeine Orientierungskrise fokussieren (wie durch ein «Brenn­ 17 Näscher, 50. 18 Büchel, 2. 21
	        

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