Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Liechtenstein im Integrationsprozess handelt werden: Ein «Europe ä la carte»54 wird es auch im EWR nicht geben. Insbesondere rein wirtschaftlich motivierte Sonderregelungen dürf­ ten weder von der Europäischen Gemeinschaft noch von der Mehrheit der EFTA-Staaten akzeptiert werden. Für Liechtenstein ergäbe sich daraus - ich greife zur besseren Verständ- lichmachung des soeben Gesagten jetzt ein wenig Teil DI vor dass es wohl ohne allzu grosse Schwierigkeiten Sonderregelungen bezüglich der Freizü­ gigkeit durchsetzen könnte, um einer unakzeptablen Erhöhung des jetzt schon sehr hohen Ausländeranteils im Lande vorbeugen zu können.55 Für ausländische Investitionen direkter (Untemehmensgründungen, Immobi­ lienerwerb) oder indirekter Art (finanzielle Beteiligungen) träfe dies aber schon nicht mehr zu. Insbesondere wird man davon ausgehen müssen, dass eine prinzipielle Abschottung des lukrativen Finanzdiensdeistungs- marktes nicht möglich sein wird.56 Dass er auch ausländischen Anwälten oder Treuhändern geöffnet werden müsste, steht für mich ausser Frage. Hier kann ich mir allenfalls zeitlich befristete Ubergangsregelungen vorstel­ len oder indirekt protektionistisch wirkende persönliche Qualifikationser­ fordernisse (was man natürlich nicht laut sagen darf). Auch wird das ein­ schlägige Landesrecht, also vor allem das liechtensteinische Banken- und Gesellschaftsrecht,57 im grossen und ganzen den gemeinschaftsrechtlichen Standards angeglichen werden müssen, was sicherlich mit dem Verlust gewisser rechtlicher Standortvorteile des Landes verbunden sein wird. Aber: ohne das Problem in irgendeiner Weise geringschätzen zu wollen, glaube ich doch, dass hier für Liechtenstein - bei entsprechender Konzes­ sionsbereitschaft - mehr Verhandlungsspielraum für Sonderregelungen bestehen wird, als dies im gegenwärtigen Stadium der Gespräche vieleicht für möglich gehalten werden könnte. Ich werde hierauf noch näher zu sprechen kommen. Immerhin habe ich Sie jetzt aber schon einmal neugierig gemacht. 54 Als Gegenmodell zur Vollintegration vor allem propagiert von Dahrendorf, 20f.; siehe hierzu auch Scharrer, 12 ff. 55 FL-Integrationsbericht II, 21; zur Zeit scheint die spezielle Situation Liechtensteins und der Schweiz bezüglich ihres hohen Ausländeranteils von den Vertragspartnern aber noch nicht so recht gewürdigt zu werden (NZZ vom 26. Juli 1990,25), was aber m. E. verhand­ lungstaktische Hintergründe hat. 56 Im einzelnen untersucht von Baudenbacher, Auswirkungen. Siehe FL-Integrationsbe- richt II, 23. 57 Dazu vor allem Hauser/Frick und Baudenbacher, Gesellschaftswesen. Siehe FL-Integra­ tionsbericht n, 22. 197
	        

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