Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Gerard Batliner (Art. 23 Abs. 1 StGHG). "Was gilt bei den faktischen Amtshandlungen der Behörden, bei denen kein förmlicher hoheitlicher Akt ergeht (z.B. Abnahme eines Führerscheines, Festnahme, Waffengebrauch)? Die österreichische verfassungsgerichtliche Rechtssprechung hat schon vor der Verfassungsänderung 1975 («Ausübung unmittelbarer verwaltungsbe­ hördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person») solche faktischen Amtshandlungen als Bescheide im Sinne der österreichi­ schen Verfassung anerkannt.147 Solche faktischen Amtshandlungen werden in Liechtenstein zunächst einem zu durchlaufenden Instanzenzug unterlie­ gen. Ohne Bedenken können sie Gegenstand einer Beschwerde an den Staatsgerichtshof bilden, zumal der Gesetzgeber (im Vergleich zum «Bescheid») die weniger förmliche Bezeichnung «Verfügung» verwendet. Ivo Beck nimmt an, dass auch ein Verwaltungsakt, den der Landtag setzt, wenn er über die Notwendigkeit einer Expropriation entscheidet, der Indi­ vidualbeschwerde an den Staatsgerichtshof unterliegt.148 Ist es mit Art. 23 Abs. 1 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof vereinbar, dass Verwal­ tungsakte des Landtages mit Individualbeschwerde angefochten werden? Die österreichische Verfassung sieht vor, dass Gesetze, die unmittelbar in die Rechtssphäre einer Person eingreifen und ohne Fällung einer gerichtli­ chen Entscheidung oder ohne Erlassung einer verwaltungsbehördlichen Verfügung wirksam geworden sind, durch Individualbeschwerde ange­ fochten werden können. Eine Rechtsgrundlage für eine solche Beschwerde ist im Gesetz über den Staatsgerichtshof (Art. 23 Abs. 1) nicht zu finden. Was gilt schliesslich bei Unterlassungen? Wenn eine Pflicht zum Handeln des Staates besteht und die obersten Instanzen verneinend entscheiden, werden sich kaum Probleme für die Einlegung einer Beschwerde stellen. Dagen können Schwierigkeiten auftreten, wenn die Gerichte z. B. im Fall einer Haftbeschwerde oder eines Strafverfahrens säumig sind und keine rechtzeitige Verfügung oder Entscheidung ergehen lassen. Ein direkter Zugang zum Staatsgerichtshof über die Instanzen hinweg wird schwerlich möglich sern, es sei denn, die höherrangige Norm des Rechtes auf eine «wirksame» Beschwerde nach Art. 43 der Verfassung eröffne einen solchen Zugang. So hat der Staatsgerichtshof in einem Urteil vom 10. Februar 147 Klecatsky/Morscher, 708ff., E 74ff.; Klecatsky/Öhlinger, 166ff. 148 § 4 G über das Verfahren in Expropriarionsfallen, LGBl 1887/4; Beck, Ivo, Das Enteig­ nungsrecht des Fürstentums Liechtenstein, Diss. Bern 1950, 126 ff. 156
	        

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