Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Liechtensteinische Rechtsordnung und EMRK «Gegen eine Entscheidung oder Verfügung eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde kann beim Staatsgerichtshof nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung der Ent­ scheidung oder Verfügung Beschwerde erhoben werden: a) wegen Verletzung verfassungsmässig garantierter Rechte, sei es infolge unrichtiger Anwendung eines Gesetzes oder einer Verordnung oder infolge von Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes oder einer Ver­ ordnung, oder Gesetzeswidrigkeit einer Verordnung; b) wegen Verletzung der Rechte der Konvention zum Schutze der Men­ schenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950.» Während nun Art. 23 Abs. 1 lit. a StGHG im wesentlichen dem alten Abs. 1 von Art. 23 entspricht, ist lit. b völlig neu. Der Staatsgerichtshof kann seit­ her auch wegen Verletzung der Rechte der EMRK angerufen werden. Ein solches innerstaatliches Gerichtsverfahren ist nur dann sinnvoll, wenn vor­ ausgesetzt wird, dass die EMRK innerstaatlich verletzt werden kann, was wiederum voraussetzt, dass sie innerstaatlich gilt. Würde die EMRK inner­ staatlich keine Gültigkeit haben, könnte sie nach der innerstaatlichen Rechtsordnung, ich betone innerstaatlich, nicht verletzt werden. Damit hat, nebst der Regierung, auch der Gesetzgeber die innerstaatliche Geltung der EMRK bejaht. Tatsächlich werden die materiellen Garantien der EMRK in ständiger Praxis von den Gerichten, dem Obergericht,125 dem Obersten Gerichtshof wie dem Staatsgerichtshof,126 unmittelbar angewendet. Auch anderes Staatsvertragsrecht wird in Liechtenstein ganz selbstverständlich von Gerichten und Verwaltungsbehörden unmittelbar angewendet, z. B. etwa die Sozialversicherungsabkommen durch die AHV-Behörden. Wenn die EMRK also als Völkerrecht automatisch innerstaatlich gilt und anwendbar ist, so folgt daraus wohl, dass sie auch innerstaatlich so gilt, wie die EMRK durch ihre eigenen Organe verbindlich ausgelegt und angewen­ det wird. Liechtenstein heiratet die Rechtssprechung mit. Wenn die EMRK 125 Etwa Urteile OG vom 30.9.1987 (4 Vr 138/87) und vom 18.1.1989 (2 Vr 316/83) oder Beschluss OG vom 12.4.1989 (U1000/88), z it. gemäss freundlichen Hinweisen des Präsi­ denten des zweiten OG-Senates, Franz Schmid; ebenso in Rechtsanwaltsdisziplinar- fragen gemäss freundlichen Hinweisen des OG-Präsidenten, Max Bizozzero. 126 Postulatsbeantwortung, 5 f., 16; Stotter, Die Verfassung, 353 ff.; Wille, Herbert, Liechten­ stein und die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), in: LPS 10 (1984), 235. 147
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.