Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Arno Waschkuhn Darüber hinaus ist der Kleinstaat wegen seiner fehlenden Potenzen und Kapazitäten vergleichsweise machdos und verletzbar. Er ist mehr als grös­ sere Staaten existentiell bedroht und auf das Wohlwollen seiner Nachbarn angewiesen. Kleine Staaten sind offensichtlich schwache Staaten; sie sind von externen Störungen potentiell stärker betroffen als vergleichbare Teil­ regionen grösserer staatlicher Gebilde. Wir können daher festhalten: Die strukturelle Knappheit befördert externe Verflechtungen, diese Austausch- und Abhängigkeitsbeziehungen determinieren die Vulnerabilität (Verletzlichkeit) und Sensitivität (Emp­ findlichkeit) von Kleinstaaten in besonderem Masse und können als «kom­ plexe Koppelungseffekte» bezeichnet werden, die nicht anhand eines einzi­ gen Indikators zu erfassen sind, zumal auch dem Kleinstaat durchaus einige voluntaristische Strategien und Optionen verbleiben, um sich als «David» gegenüber «Goliath» zumindest bereichsweise durchzusetzen.3 Etwas unschön formuliert, aber zutreffend, kann sich der Kleinstaat als überaus erfolgreicher «Trittbrettfahrer» (free rider) und «Rosinenpicker» erweisen. Allerdings gehen damit, ich habe es bereits angesprochen, auch spezifische Autonomieverluste einher. So hat Liechtenstein, wenngleich die Zoll- und Währungsverträge sowie weiteren Abkommen mit der Schweiz kündbar sind, zweifelsohne Autonomieverluste dadurch erlitten, dass man die Aussenhandels-, Geld- und Währungspolitik freiwillig an den helveti­ schen Nachbarn abgetreten hat. Allerdings überwiegen bei einer Kosten/ Nutzen-Analyse für Liechtenstein die Vorteile, insofern das Fürstentum seine Grössennachteile kompensieren und einer Peripherisierung entgehen konnte. Trotz einer in vielerlei Hinsicht selbstbezogenen Ausrichtung und Ent­ wicklung hat Liechtenstein somit auf einen bedeutenden Teil eigenständi­ ger Wirtschaftspolitik verzichtet und sogar einige Vollzugskompetenzen im Fürstentum selbst an schweizerische Behörden abgetreten. So kann die Schweizerische Nationalbank auf liechtensteinischem Hoheitsgebiet Ermitdungen durchführen lassen und die Richtigkeit der Informationen zur Durchführung monetärer Massnahmen an Ort und Stelle überprüfen. Der im Jahre 1980 mit der Schweiz abgeschlossene Währungsvertrag hat zum Beispiel ferner zur Folge, dass alle massgeblichen Gerichtsentschei­ dungen, die im Zuge der Anwendung von Rechts- und Verwaltungsvor­ schriften im Rahmen dieses Vertrages gefällt werden, der alleinigen Beurtei­ 3 Vgl. Holl, Sieber und Vogel. 16
	        

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