EINFÜHRUNG
Der Rhein ist von den Höhen als Silberfaden erkenntlich, er ist das gemeinsame Lebens-
and des Alpenrheintals, welches sich vom Zusammenfluss des Vorder- und Hinterrheins
is zum Bodensee erstreckt. Rund 100 km unterhalb seiner Quellen ist der Wildfluss
heute in hohen Dämmen gehalten. Das war nicht immer so. Der heutige Aspekt herrscht
erst seit rund hundert Jahren.
Es ist in der Tat auffällig, wie lange der früher ungebändigte Alpenrhein eine
Schranke inmitten des hier doch recht schmalen Tales bildete. Bis 1342 gehörten Liech-
‘enstein und Werdenberg zur Grafschaft Sargans. In diesen Jahren trennten sich die
zeschichtlichen und politischen Wege der beiden Anstösser, Was «ennet des Rheins» lag,
wurde durch eine Erbauseinandersetzung der Brüder Hartmann und Rudolf, Grafen von
Werdenberg-Sargans, zur nachmaligen Grafschaft Vaduz. Vielleicht wurde damals der
«Überrhiner» geschaffen. Man schupfte sich in der Folge die Fluten des wilden Rheines
mit Wuhrbauten zu und stritt während Jahrhunderten über den richtigen Standort der
weggeschwemmten Grenzmarken. Schon im Jahre 1435 sind solche Streitereien zwi-
schen den Sevelern und 'Triesnern urkundlich belegt. Unterschiedliche Konfessionen
ı1ach der Reformation trugen ebenfalls nicht zum gegenseitigen Verständnis und Ver-
rauen bei.
Die politische Grenze wirkte sich bis zum Ende des 1. Weltkrieges mit der
anschliessenden Diskussion des Zollanschlusses von Liechtenstein an die Schweiz aus,
als von Buchs aus in Bern Bedenken angemeldet wurden, dass es mit einer Zoll- und
Währungsunion «zur Korruption ganzer Landesteile und zur Gefährdung der altbewähr-
ten helvetischen Moral komme, wenn dieses Schmugglerland angeschlossen würde»
Für die damaligen Buchser begann der Balkan wohl bereits am Rhein.
Wieder zwei Menschengenerationen später ist aus dem einst kleinbäuerlichen,
ärmlichen Liechtenstein ein prosperierender Kleinstaat geworden. Der Rhein als Wild-
üluss ist zwischenzeitlich gebändigt, die Toleranz gewachsen, das Tal wird zur Talschaft
mit gemeinsamen Unternehmungen. Kooperationen, z.B. auf dem Schulsektor oder in
der Entsorgung, führen zu gemeinsamem Denken und Handeln. Dies ist auch der gün-
stige Zeitpunkt, sich mit dem jeweiligen Nachbarn noch intensiver zu beschäftigen. Viele
Einwohner Werdenbergs arbeiten im «Ländle», die meisten Liechtensteiner gehen in
Buchs einkaufen. Nur wenige kennen allerdings ihr landschaftliches Gegenüber mit sei-
ner grossen Vielfalt, ja mancher kennt die Mittelmeerküsten besser als den Talhang auf
der anderen Rheinseite.