Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1980) (6)

Liechtensteiner Umweltbericht Seite 7 
Lebensraum Wasser Zur Zeit gibt es im Einzugsgebiet des Alpen- rheins nur noch wenige natürliche Krebsvor- kommen. Es handelt sich vorwiegend um Restbestände von Steinkrebsen (Astacus tor- rentium), welche nahe Verwandte des grösse- ren Edelkrebses (Astacus astacus) sind. Hauptsächliche Ursache des Rückganges der Flusskrebse war die um 1860 aus Nordameri- ka eingeschleppte Krebspest, die erstmals in der Normandie auftrat. Die Krebspest wird durch den Pilz Aphanomyces astaci verur- sacht. An der fast völligen Ausrottung der Krebsbestände Mitteleuropas war aber nicht nur die Krebsseuche schuld, sondern in vielen Bächen und Flüssen sind die Krebse durch Gewässerverschmutzung und Gewässerver- bauung ausgerottet worden. Sind diese merkwürdigen gepanzerten Tiere einmalig, besitzen sie keine Verwandten in der so vielgestaltigen Tierwelt? Daran fehlt es durchaus nicht. Da sind zunächst die im Meer lebenden bekannten Hummer und Langu- sten; mit einer Länge bis zu 50 cm und einem Gewicht bis zu 8 kg wahre Riesen im Ver- gleich zu unseren Flusskrebsen. Ausgewach- sene Flusskrebse weisen eine durchschnittli- che Länge von ca. 15 cm und ein Gewicht von 150 - 200 Gramm auf. Weiter sei an die be- gehrten Garnelen erinnert. Ein noch kleine- rer Vertreter ist der millimetergrosse Floh- krebs unserer Bäche. Winzige Krebse befin- den sich aber auch unter der höchst mannig- faltigen Gesellschaft der im Wasser schwe- benden Tiere, dem Plankton, unter denen die Hüpferlinge und Wasserflöhe am bekannte- sten sind. Lebensweise Auf der Suche nach Nahrung schreitet der Krebs am Abend und in der Nacht vorsichtig auf seinen vier Gehfusspaaren mit leicht erho- benen Scheren vorwärts, rückwärts zumeist nur im Notfall. Schwimmend bewegt er sich durch ruckartiges Einschlagen des Hinterlei- bes. Er kann also nicht vorwärts, sondern nur 
rückwärts schwimmen. Daher kommt die Re- densart: «Er krebst», aber auch die Bezeich- nung «Krebs» für jene heimtückische Krank- heit bei der es rückwärts geht. Der Krebs ernährt sich sowohl von Pflanzen als auch von Tieren. In der Jugend bevorzugt er mehr pflanzliche, im Alter mehr tierische Kost, wobei er durchaus nicht wählerisch ist. Alle im Wasser lebenden Kleintiere wie Wür- mer, Insekten und deren Larven, Schnecken, Muscheln, auch grössere Tiere wie Fische, Frösche, Wasserratten stehen auf seinem Speisezettel. Er scheut sogar vor seinesglei- chen nicht zurück. Grössere Tiere werden gemeinsam aufgefressen und bis aufs Skelett abgenagt, ohne dass es dabei zu Streitigkeiten kommt. An Aas geht der Krebs nur im Not- fall. Die Fresslust hängt von der Wasser- temperatur ab. Wassertemperaturen im Som- mer zwischen 15-20°C gelten als optimal. Den Winter über ruht der Krebs wie viele andere Kaltblüter, deren Lebensfunktionen von der Umwelttemperatur abhängen. Als typische Krebsgewässer gelten langsam- fliessende buschbestandene Bäche und Flüs- se, auch Forellenbäche sofern sie nicht zu reissend sind. Niederungsbäche können einen guten Bestand besonders beim Übergang von Forellen- zum Äschenwasser aufweisen. Tei- che, Tümpel, Seen sagen dem Krebs nicht minder zu. Vorausgesetzt, dass sie nicht zu viel Schlamm insbesonders keinen Faul- schlamm aufweisen. Wichtig für sein Vor- kommen sind sauberes Wasser und Örtlich- keiten, wo er sich tagsüber verstecken und schützen kann. Kleine Krebse haben in allen Raubfischen, vorab den Barschen, viele Feinde. Aber auch von Blässhühnern, Haubentauchern und Zwergtauchern werden sie gerne genommen. 
Die Krebspest trat nach meinen Nachfor- schungen bei uns um 1910 auf. Dabei ging der grösste Teil der Flusskrebse zugrunde. Der Rest wurde dann das Opfer von Gewässerver- schmutzung und Gewässerkorrektionen. Ver- einzelte Exemplare wurden 1965 im Mühl- bach Ruggell (hier wohl eingesetzt) und 1970 im Binnenkanal in Balzers festgestellt. Bei den gewässer- und fischereibiologischen Un- tersuchungen der Oberflächengewässer des Landes 1979/80 durch das Amt für Gewässer- schutz wurden keine Flusskrebse festgestellt. Krebspest, Gewässerverschmutzung und -verbau- ung sind die Ursachen der Krebsausrottung in Liechtenstein. In solchen betonierten Gerinnen ist kein tierisches Leben möglich. Wiedereinbürgerung Gemäss ihrer Lebensweise werden die Fluss- krebse als Gesundheitspolizisten bezeichnet, die insbesondere bei der Bekämpfung von Fischkrankheiten durch Verzehren der kran- ken Fische mithelfen. Im Bach, Fluss und See dem Krebs seinen Platz zurückzugeben, ist Dienst an der Natürlichkeit, Reinheit und am biologischen Gleichgewicht unserer Ge- wässer. Durch die durchgeführten Gewässerschutz- massnahmen ist die Gewässerqualität derart, dass ein Wiederbesatz mit Flusskrebsen mög- lich und sinnvoll erscheint. Es laufen derzeit Abklärungen, wo in Liech- tenstein Flusskrebse ausgesetzt werden kön- nen. Die Entwicklung der Krebse wird sorg- fältig beobachtet werden. Zeigen sich positive Ergebnisse, so sollen verschiedene Gewässer, Weiher und Bäche wieder besetzt werden. Selbstverständlich muss vorläufig der Fluss- krebs unter Schutz gestellt werden.
	        

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