Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1980) (5)

Trocken — aber dennoch voller Le- ben Der Leser wird sich wundern, Lebensräume wie Wegränder oder Lesesteinhaufen unter den gefährdeten Lebensräumen zu finden. . Wenige Stichworte 'mögen hier die Gefahr für diese Standorte andeuten: Düngung, Herbizide, Saatgutreinigung (wann haben Sie das letzte Mohnfeld gesehen?), über- triebener Ordnungssinn, Aufgabe alter Kul- turformen.. Viele unserer einstigen Heidewiesen sind überbaut. Sie bilden heute beispielsweise die Villenviertel von Schaan und Vaduz. Mit ihrem Orchideenreichtum und den vielen Schmetterlingen und anderen Kleintieren waren sie besonders bunt. Welch ein Unter- schied zwischen den extensiv genutzten Magerwiesen und den zwar mehr Ertrag lie- fernden, aber blumenarmen Fettwiesen des Talraumes. Die Trockenstandorte sind wäh- 
Liechtensteiner Umweltbericht 
Lebensraum 
Seite 7 Die Trocken-Lebensräume sind stark gefährdet Im 
vergangenen «Liechtensteiner Umweltbericht» Nr. 4 haben wir mit der Vorstellung von besonders bedrohten Lebensräumen begonnen. Wir berich- teten über den dramatischen Schwund unserer Riede, Sümpfe, Gräben, Wei- her und Tümpel. Mit dieser Nummer stellen wir die trockenen Lebensräume vor, z. B. Magerwiesen, Wegränder, Dämme, Lesesteinhaufen, Trockenmau- ern oder Waldränder. 
Listen gibt es überall «Rote Listen» im Sinne des Naturschutzes sind Uebersichten über gefährdete Pflanzen und Tiere. Der Begriff ist bereits in den all- gemeinen Sprachgebrauch übergegangen. Der Wert dieser roten Listen liegt wesentlich darin, dass eine überschauende Information über das Ausmass der Gefährdung unserer Tier- und Pflanzenwelt gegeben wird. Die Bundesrepublik Deutschland kennt für weite Bereiche des Tier- und Pflanzenlebens sol- che Listen. Für die Schweiz gibt es erst eine Rote Liste der gefährdeten Vogelarten. In Kürze wird eine solche über die bedrohten Amphibien- und Reptilienarten folgen. Diese Daten sind auch für uns repräsentativ. Warum über Insekten, dieses kleine Getier lohnt sich. Dort sehen Sie ab spätem Früh- ling 
so viele Schmetterlingsarten, wie sonst fast nirgends mehr. In unserer Sprache hat sich eine ganze Rei- he von Ausdrücken eingenistet, die Ge- schöpfe der Natur und ihre Lebensräume mit ausgesprochen negativen Bezeichnun- gen belegen und damit zu ihrem Rufmord beitragen. Teilweise sind solche Begriffe als Kampfansage des Menschen an die Natur deutlich deklariert, wie z. B. Unkraut oder Raubzeug. Dickicht, Oedland, Unland, ver- wildert sind alles Begriffe, die eigentlich einen ganz neutralen Zustand beschreiben, erhalten aber einen negativen Beige- schmack, der im ordentlichen Zivilisations- menschen eine gewisse Abneigung auslöst. Wir sind geneigt, Wildnis und Urwald in weit entfernten exotischen Gebieten zu dulden, nicht jedoch vor unserer Haustüre, in der mitteleuropäischen Kulturlandschaft. Der negative Begriff des Unkrautes muss des- halb auch mit etwas übermässiger Ord- nungsliebe in Verbindung gebracht werden. Gerade diese Dämme, Böschungen und Feldraine sind Kleinbiotope, die reich an Pflanzen und Tieren sind, und sie erweisen sich als regelrechte kleine Rückzugsgebiete in der Kulturlandschaft. Sie sollen nicht oh- ne zwingende Notwendigkeit der Aesthetik geopfert werden. 
überhaupt berichten? Von den über 12 000 mitteleuropäischen Hautflüglern — dazu ge- hören beispielsweise die Bienen- und Wes- penarten oder die Ameisen — sind viele Pa- rasiten, die im natürlichen Beziehungsgefü- ge einen bedeutenden Platz einnehmen. Mit fast der Hälfte aller einheimischen Blütenbe- sucher sind die Hautflügler ökologisch sehr bedeutsam. Ohne sie, mit ihrer ausgepräg- ten Sammel- und Bestäubungsaktivität, gä- be es z. B. weder Obstsorten, noch Raps, Luzerne oder Klee. Wir sind deshalb auf die- se nützlichen Helfer angewiesen. Die Hautflügler reagieren aber auf Eingriffe in der Natur sehr empfindlich. Mit dem Schwinden der Feldraine, der Hecken und Oedländer nehmen wir vielen Hautflüglern die Nistgelegenheit weg. Auch der als Nah- rungsquelle beliebte üppige Böschungsbe- wuchs an Strassen- und Wegrändern, Bahndämmen sowie Uferbewuchs wird durch Abbrennen oder Gifteinsatz zerstört. Darum gelten in der Bundesrepublik Deutschland von bisher 1100 untersuchten Arten nicht weniger als 40 Prozent als ge- fährdet. Alle in Bayern vorkommenden Hummelarten sind bedroht, insgesamt sind 60 Prozent der Ameisenarten im gleichen Bundesland gefährdet. Das sind sehr deutli- che Alarmzeichen, dass etwas in unserer Landschaft nicht mehr stimmt, dass 'wir mit der Intensivierung in der Grünlandbewirt- schaftung und mit unserem übertriebenen Ordnungssinn zu weit gegangen sind.
	        

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