Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1992) (30)

Liecht. Umweltbericht, November 1992 Seite 9 In der Regel kann der Landwirt den Boden von Jahr zu Jahr pachten. Er weiss also nie, wie lange er den Boden zur Bewirtschaftung hat und ist dem zufolge vielfach nicht an ei- ner nachhaltigen und schonenden Nutzung des Bodens interessiert. Die extreme Parzel- lierung, die in dieser Art und Weise nur noch bei uns anzutreffen ist, stellt für die Bauern zusätzliche Hürden dar. Insbesondere Biobe- triebe sind in ihrer Bewirtschaftungsart (me- chanische Unkrautbekämpfung, gezielter Hofdüngereinsatz usw.) sehr einschränkt. LGU: Wenden wir uns noch dem internationalen Aspekt zu. Prof. 
P. Rieder von der ETH Zürich hat an der Cipra-Jahresfachtagung 1991 vorgerechnet, dass bei einem EG-Bei- tritt die Agrarpreise sinken würden, die Sub- ventionen zurückgingen, dass diese Ertrags- einbussen aber durch Kostensenkungen in- folge Betriebsvergrösserungen, billigerem Einkauf von Hilfsgütern und Investitionsgü- ■ tern sowie ökologische Ausgleichszahlungen wieder wettgemacht werden könnten. Kann diese Einschätzung für die liechtensteini- schen Verhältnisse bestätigt werden? Klaus Büchel: Grundsätzlich kann davon ausgegangen wer- den, dass für das Fürstentum Liechtenstein dieselben   Mechanismen wie für die Schweiz spielen. Aus verschiedenen Überlegungen bezweifle ich, dass die Preissenkungen ohne weiteres wettgemacht werden können, wie das Prof. Rieder ausführte. Die Produktions- kosten können wohl durch verschiedene Massnahmen gesenkt werden. Die Hypothe- se von Prof. Rieder steht und fällt aber mit den Direktzahlungen, in die ich immer weni- ger Hoffnungen setze, nachdem die finanzi- elle Lage des Staatshaushaltes zusehends be- denklicher wird. Ich vertrete eher die Hypo- these, dass die Nominalerträge und das land- wirtschaftliche Einkommen abnehmen und sich. dem Niveau der Nachbarländer anpas-  sen werden. Darum ist es auch wichtig, dass unsere Landwirtschaft umgehend auf neue, von den Konsumenten geforderte Anbaume- thoden umstellt und sich auf' diesem Sektor eine «Marktleaderposition» erobert. LGU: Noch eine Frage zur Internationalen Dimen- sion. Der Biolandbau nimmt in anderen Län- dern teilweise einen starken Aufschwung, so- dass die Gefahr besteht, dass wir ins Hinter- treffen geraten. Hat der Biobauer in Liech- tenstein eine Zukunft? Klaus Büchel: Wenn ich vergleiche, wie leicht die Biobe- triebe im Ausland ihre Anerkennung erhal- ten und wie unvollständig die Betriebskon- trollen zum Teil sind, dann sehe ich keine la- tente Gefahr von ausländischen Biobetrie- ben. Natürlich könnte es zu einer gewissen Marktkonkurrenz kommen. Diese kann si- cher nicht zu negativ gewertet werden, denn sie hilft mit, die Produktqualität möglichst hoch zu halten. Bei Bioprodukten sollte die Qualität, insbesondere die innere Qualität der Nahrungsmittel im Vordergrund stehen. Diesbezüglich bin ich überzeugt, dass unsere Bauern in der Lage sind, qualitativ hochste- hende Produkte zu produzieren. Vorausgesetzt, dass sich die wirtschaftliche Situation in unserer Region nicht drastisch verschlechtert, sehe ich für einen ökologi- 
schen Landbau reelle Zukunftschancen. Man muss davon ausgehen, dass eine solche. Be- wirtschaftungsart eine Marktnischenproduk- tion darstellt und demzufolge nicht 100 Pro- zent der Landwirtschaftsbetriebe in diese Produktionssparte einspringen können. dies würde zu einem Preisverfall führen, der für die betreffenden Betriebe existenzbedrohend sein könnte. Für unser Land sehe ich Mög- lichkeiten in der Herstelltung von Spezial- produkten mit Gütesiegel aus unserer Regi- on, die dann vorzugsweise regional aber auch überregional vermarktet werden könnten. Interview mit Hans Frick, Balzers Projektteilnehmer ÖKOBAUER LGU: Was bedeutet für Sie die Teilnahme am Pro- jekt Ökobauer? Was haben Sie bisher für Erfahrungen gemacht? Hans Frick: Für mich war es immer schon ein Anliegen, das Bauern so naturnah und schonend wie möglich zu betreiben. Bisher hat sich bei uns niemand konkret um dieses Anliegen gekümmert. Als ich im März 1991 von einem Beratungsprojekt der BIL-Stiftung unter der Leitung von Klaus Büchel hörte, meldete ich mich sofort zur Teilnahme, waren die Vor- aussetzungen auf meinem Betrieb für das Projekt doch nie geschaffen. Unter der Bera- tung und Leitung von Klaus Büchel wurden 1991 auf meinen Feldern verschiedene An- baumethoden ausprobiert. So . wurden alte Kulturen ohne Handelsdünger und ohne Pe- stizide angebaut und auf einer Maisfläche die Streifenfrässaat ausprobiert. Klaus Michel hat auch mehrere Bodenproben von meinen Fel- dern gezogen und die Bodenfruchtbarkeit un- tersucht. Zusätzlich hat er mit uns Exkursio- nen auf Betriebe in der benachbarten Schweiz durchgeführt, um uns. neue Ideen zu vermit- teln. Aufgrund meiner positiven Erfahrungen aus dem ersten Projektjahr habe ich meinen Be- trieb auf Biolandbau umgestellt. Wie mir der Kontrolleur vom Forschungsinstitut für bio- logischen Landbau bestätigte, werde ich im kommenden Jahr  die Anerkennung und Aus- zeichnung als Biobetrieb erhalten. 
Unterschiede zwischen Biolandbau und integrierter Produktion (IP) Bei der Umsetzung seiner Zielsetzun- gen geht der biologische Landbau bei verschiedenen Aspekten eindeutig wei- ter als die integrierte Produktion. Biolandbau   — Eine Umstellung erfordert immer in erster Linie eine Anpassung der ge- samten Betriebsstrukturen und nicht nur das Beachten einzelner produk- tionstechnischer Massnahmen. — Da der Einsatz leichtlöslicher chemi- scher Düngemittel untersagt ist, wird der geschlossene Stoff-Kreislauf, die ausgewogene Fruchtfolge und die Mobilisierung von Nährstoffen durch mikrobielle Prozesse im Boden be- sonders wichtig. Einer übermässigen Ertragssteigerung mit den bekannten Folgeproblemen (Qualität, Schulor- ganismen u.a.) sind damit natürliche Grenzen gesetzt. — Der Verzicht auf chemische Pflan- zenschutzmittel erfordert eine we- sentlich stärkere Berücksichtigung vorbeugender Massnahmen. — Die angepasste und artgemässe Tier- haltung auf der betriebseigenen Fut- terbasis ist integrierter Bestandteil biologischer Produktionsweisen. — Sämtliche Biolandbau-Organisatio- nen der Schweiz haben gemeinsame minimale Richtlinien, was bei der IP noch nicht der Fall ist. — Der biologische Landbau ist schon lange in der Praxis erprobt und seine betriebswirtschaftlichen Ergebnisse sind bekannt. Integrierte Produktion Unter IP versteht man die Kombination aller Massnahmen, um den Boden er- tragsfähig zu halten, die Qualitätspro- duktion zu sichern und die Erträge un- ter Berücksichtigung von wirtschaftli- chen, ökologischen und sozialen Aspekten zu. optimieren.. Die IP stellt eine Alternative zum Biolandbau dar. Aufgrund der gemachten Erfahrungen wird sie ständig weiterentwickelt. So wird der Betrieb neu als Einheit be- trachtet. Leider werden die Empfeh- lungen und Richtlinien zu sehr auf die wirtschaftlichen Aspekte ausgerichtet.
	        

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