Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1990) (28)

Es geht auch ohne Chemie Chemie in Farben und Lacken, Chemie in Holzschutzmitteln, Chemie in Möbeln und Baustoffen, Klebern und Teppichen: von allen Seiten können gesundheitliche Gefahren erwachsen, wenn nicht für die rich- tige Auswahl aus dem breiten Produktesortiment gesorgt wird. Karl- Heinz Ospelt beschreibt, welche Rolle Naturfarben dabei spielen..   
Liecht. Umweltbericht, Dezember 1990  Seite 11 Karl-Heinz Ospelt, Vaduz Niemand behauptet, dass unsere heutigen Na- turfarben der letzte Stand der Weisheit sind. Aber allein der Versuch, wo immer möglich natürliche Rohstoffe einzusetzen, ist ein Schritt in die Zukunft. Was sind Naturfarben? Die Unsicherheit beginnt bereits bei der Defi- nition des Begriffs Naturfarben. So werden von den einen nur Pflanzenfarben zu den Naturfarben gezählt, andere ergänzen diese Definition mit Mineralfarben, die seit Urzei- ten von den Menschen als Anstriche verwen- det werden. Wieder andere bezeichnen alle wasserlöslichen Farben als Naturfarben, ob- wohl es die chemische Industrie zustande ge- bracht hat, die Wasserlöslichkeit einer synthe- tischen Farbe wiederum mit Beigaben von synthetischen Hilfsstoffen zu ermöglichen. Und dann gibt es schliesslich noch die Schlau- meier, die ihre Farbbüchsen als biologische Farbe bezeichnen, wobei niemand weiss, ob  nicht die Blechdose das «Natürlichste» an die- sem Produkt ist. Für denjenigen, der sieh mit der Problematik näher befasst, wird allerdings schnell klar, dass als Naturfarben nur solche Produkte bezeichnet werden können, die aus- schliesslich aus natürlichen Rohstoffen beste- hen. 
Die Zusammensetzung einer Farbe Alle Farben, auch die Naturfarben haben das gleiche Grundgerüst. In jeder Dose finden wir Farbpigmente, 'Lösungsmittel, Füllstoffe und Bindemittel. Gross im Gespräch bei den Far- ben sind die Lösungsmittel, die jede Farbe benötigt, um streichfähig zu werden. Bei den Kunstharzlacken besteht das Lösungsmittel aus Testbenzin mit bis zu 8 % Aromaten. Neuerdings schuf die moderne Chemie «Was- serlacke» und bezeichnet sie als grossen Fort- schritt. Die schönen bunten, verharmlosend als Wasserlacke bezeichneten Lacke würden schnell verschimmeln, wenn ihnen keine Kon- servierungsstoffe beigegeben würden. Daher erlaubte das Bundesamt für Gesundheitswe- sen als Topfkonservierer Formaldehyd. Heu- te ist es in Farben verpönt, weil klar krebser- regend. Die Chemie suchte und fand andere Lösungsmittel: Thiazolinonen, Chlorthalonil , usw. Diese können nicht einmal von Fachleu- ten richtig eingeschätzt werden, weil noch kaum Erfahrungswerte vorliegen. Und die Naturfarben? Auch sie brauchen organische Lösungsmittel. Nur sind das keine Erdölderivate, sondern ätherische Pflanzenöle, meist aus Zitrusschale und Kieferterpentin. Naturfarben kommen mit viel weniger Hilfsstoffen aus als konven- tionelle Farben. Auf Konservierungsstoffe 
können Naturfarbenhersteller auch verzich- ten, weil Zitrusschalenöl auch Bakterien ver- treibt. So brauchen natürliche Harze keine Weichmacher, weil sie schon in sich selbst geschmeidig sind. Da Naturfarbenhersteller nachwachsende Rohstoffe verwenden, sind die Abfälle der Destillation kompostierbar und bilden auch keinen Smog, da sie dem natürlichen Kreislauf entnommen und schliesslich wieder eingegliedert werden. Naturstoffe haben eine eigene Identität Unter den Inhaltsstoffen Leinöl, Knochenöl, Lavendelöl, Talkum, Kreide, Soda, Kartof- felstärke, Kasein und Bienenwachs können wir uns noch etwas vorstellen. Die eigentliche Farbe basiert auf speziellen, pflanzlich gefärb- ten Pigmenten. Zudem verpflichten sich die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Naturfar- ben, jeden Zusatzstoff auf ihrem Produkt ge- nau anzugeben, z.B., Naturharz- Wandfarbe weiss enthält Wasser, Kreide, Titanioxid, Talkum, Buchenholzzellulose, Dammar, Kie- ferharz, Leinöl-Standöl, Bienenwachs, Bals- amterpentinöl, Borax, Borsäure, Methylzellulose, Alkohol, Citrusschalenöl, Rosmari- nöl, Eucalyptusöl, Arvenöl und Lavendelöl. Pflanzenfarben entsprechen in besonderem Masse den heutigen Anforderungen an Farb- harmonie, Lebendigkeit, qualifiziertem Raumklima und höchsten ökologischen, bau- biologischen Anforderungen. Damit deutlich wird, welche Art von Forschungsarbeit betrie- ben wird, hier ein kleiner Ausschnitt: Balsamterpentinöl: Destillat aus portugiesi- schem Kieferharz-Balsam, das durch scho- nendes Anritzen lebender Bäume gewonnen wird; mehrfach destillativ gereinigt, praktisch frei von Caren. Erd- und Mineralpigmente: statt aus extrem umweltbelastender Erdölchemie sind echte Erdfarben (Ocker, Englischrot, Umbra, Oxidbraun, Erdschwarz) und ausgewählte Mineralfarben (Ultramarin, Chromoxidgrün, Eisenoxid) die Basis unserer ungiftigen und witterungsbeständigen Lacke 'und Lasuren. Harmonische Töne liefert die Natur umsonst. Wo Naturfarben einsetzen? Holzkonstruktionen können mit farblosem Naturharzimprägnierund Grundiermitteln ge- schützt und danach mit Bienen- oder Pflan- zenwachs veredelt werden. Holzküchenkom- binationen oder Fenstersimsen muss man vor starker Beanspruchung schützen. Naturharz- ölklarlack «seidenmatt» erfüllt diesen Zweck dauerhaft. Holzhartöle bestehen aus rasch trocknenden Pflanzenölen; ist für Holzböden die Alternative zu den Siegellacken. Holz- hartöl dringt tief in das Holz ein, verhärtet dabei die oberste Holzschicht und genügt auch einer hohen Beanspruchung. Auf Mau- erwerk, Putz, Beton, alten Dispersionsanstrichen, Rauhfaserpapier, usw. im Innenbereich verwendet man Naturharz-Wandfarbe. Einfache Verwendung? Naturharzöllacke werden zwar nach ein bis zwei Tagen oberflächlich trocken und überar- beitbar, die endgültige Durchhärtung nimmt jedoch mehrere Wochen Zeit in Anspruch. Die Lacke sind erst nach dieser Zeit vollum- fänglich beanspruchbar. Die Naturfarbenher- steller verwenden konsequent regenerierbare Rohstoffe ohne irgendwelchen Kunststoffzu- satz und stellen damit Produkte her, die rich-
	        

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