Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1989) (26)

Liecht. Umweltbericht, Dezember 1989 
Seite 11 Jahrhundert, und mit einem durch viele In- seln gegliederten und durch Arme zerteilten Rheinlauf, an dem sicherlich breite Auwald- bänder stockten, gab es doch auch entlang von Bächen auf kiesigem Untergrund etliches intensiver genutzte Land. Aber die eigentli- chen Siedlungskerne, die Dörfer mit Dreifel- derwirtschaft, blieben am Talrand, an den Schwemmkegeln fast aneinandergereiht. Ho- he Biotopvielfalt ist zu attestieren. Rheinregulierung wird notwendig Erst vor 200 Jahren nahmen die Rhein-Hoch- wässer zu, immer häufiger erfüllten sie weite Teile des. Tals. Ihr an sich fruchtbarer Schlamm begann viele Torflager zu überla- gern, nachdem er sich mit ihnen vorher nur sandwichartig verzahnt hatte. Zunehmende Rodungen im Einsatzgebiet, die vor allem im 
Hochmittelalter die Berglandschaften verän- derten und (besonders in Graubünden und im Bereich des Landquartgebietes) zu immensen Erosionsflächen Anlass waren, hatten die Se- dimentfracht und die .Abflusscharakterstati- stik des Alpenrheines stark verändert. Der Fluss wurde zu einem riesigen Wildbach. Noch im 18. Jahrhundert war die Rheinschiff- fahrt vom Bodensee bis nach Altach hinauf wirtschaftlich bedeutend, immer mehr ver- suchten die Anrainer, durch Schutzbauten (Längsdämme und «Schupfwuhre») den Fluss zu besiegen, was aber immer weniger gelang. Erst in unserem Jahrhundert verwandelte die Internationale Rheinregulierung den Alpen- rhein in einen — hoffentlich — hochwassersi- cheren Kanal. Die Durchstiche von Diepold- sau und Hard-Fussach verkürzten den Lauf, das «Mittelgerinne» führt nun die Normalwas- serfracht ab und die Hochwässer fliessen 
durch die «Vorländer» zwischen Dämmen. Nur noch am «Alten Rhein» gibt es uferbe- gleitende Auwaldreste. Die neue Hochwas- sersicherheit führte in der ganzen Breite des Talbodens zu 'ausuferender Siedlungstätig- keit, zum Strassenbau, zur Kanalisierung auch der Zubringer, also vor allem Frutz und Dornbirnerach, zum Bau zahlreicher Binnen- kanäle, die als Vorfluter für die Flächenent- wässerung der nassen Riedböden dienen konnten. Der Zusammenbruch der meisten Feuchtbiotope nahm seinen Lauf. In wenigen Jahrzehnten ersetzten Maisäcker den Gross- teil der Flachmoore. Nur wenig ist erhalten, aber auch heute von Intensivierung bedroht: die Iriswiesen des Bangser Rieds und von Matschels, die Brachvogelbrutareale des Dornbirner und des Lauteracher Rieds. In den Fünfzigerjahren wurde das Rheindelta durch einen Polderdamm hochwassersicher gemacht. Natur unter Druck Die Bautätigkeit gerade auf dem besseren Bauernland der Schwemmfächer wurde ex- zessiv betrieben und so wuchs der landwirt- schaftliche Druck zur Entwässerung und Auf- düngung gerade der «schlechten» Riedreste noch mehr. Intensivlandwirtschaft und Natur- schutz wurden zu natürlichen Gegnern. Beide Seiten sind zunehmend ärger Verlierer gegen- über der nichtlandwirtschaftlichen Landnut- zung und führen Rückzugsgefechte in einem Talboden mit hoher und weiter steigender Siedlungsdichte. Je geringer die Reste naturnaher Biotope wurden, umso höher stieg ihr Wert in der öffentlichen Meinung, sodass Naturschutz- gebiete verordnet wurden. In Vorarlberg ste- hen das ornithologisch ausserordentlich wich- tige Rheindelta (das grösste Süsswasserdelta Europas), das Bangser und Matschelser Ried und seit neuestem auch das «Schwarze Zeug» bei Dornbirn und «Gsieg» in Lustenau unter Schutz. Der im Landschaftsschutzgesetz ver- ordnete Schutz der Flachmoore ist dagegen leider nur wenig wirksam, weil «die Riede» ausgenommen sind. Seiner Verlandungsgeschichte entsprechend ist das Tal des Alpenrheins nur in randlichen Teilen von Grundwasser 'durchströmt: Seine zentralen Teile sind so dicht, dass — abgesehen von Uferfiltrat vorwiegend am Rhein — zu- mindest in höheren Grundwasser-Stockwer- ken des Schwemmlands nur wenig (sauerstoff- armes) Wasser langsam strömt, sich minera- lisiert und durch die Huminsäuren des Torf- bodens sauer wird. Die eigentlichen Grund- wasserströme fliessen durch die Schwemm- kegel. Die Dichtheit der wassererfüllten Böden wird durch die «moderne» Bodenver- dichtung durch Landwirtschaftsmaschinen noch erhöht und die Entwässerungen sind von beschränkter Wirksamkeit: Bald nach der Drainage sinken die torfhaltigen Böden we- gen des Wasserverlusts ein, das Land wird niedriger und kommt dem Grundwasser noch näher. So drücken sich die Umstände der erdge- schichtlichen Entwicklung auch in den Nut- zungen der Gegenwart deutlich aus: «Von Natur aus» fruchtbare Schwemmländer mit gutem Wasserdurchsatz, aber intensiver nichtbäuerlicher Besiedlung gibt es vorwie- gend an den Talrändern, nasse Riede mit Flachmooren und Entwässerungsbemühun- gen in der Talmitte. Daraus resultiert ein rasanter Verlust an Naturwerten. •
	        

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