Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1989) (25)

Liecht. Umweltbericht, Juni 1989 
Seite 11 «Ja, genau wie im Pradafant. Dort haben die Anwohnerinnen und Anwohner eine Tafel mit der Bitte, den Kindern zuliebe langsam zu fahren, aufgestellt gehabt. Weisst du was pas- siert ist? Die Tafel wurde mutwillig mehrmals zerstört!» «Die Automobilisten müssen bereits beim Einfahren in eine Erschliessungsstrasse mer- ken, dass hier die schwächeren Verkehrsteil- nehmer gleichberechtigt sind. Das heisst, dass diese Strassen durch entsprechende Gestal- tungsformen, zum Beispiel durch sogenannte Pförtnerbereiche, erkennbar sind.» «Oje! komm' mir nicht mit Schwellen und Aufpflästerungen. Das ist doch alles ! ! !» «Nein, warte — Verkehrsplanung ist nicht ein- fach der Griff in die «Trickkiste» mit Blumen- trögen, Schwellen, Pflanzen, Pollern und Zäunen, die wahllos auf verschiedenen Stras- sen verstreut werden. Diese Massnahmen müssen aus den örtlichen Gegebenheiten und Anforderungen entwickelt werden. Das heisst, dass eine Erschliessungsstrasse eine  andere Gestaltung fordert, als eine Hauptver- kehrsstrasse. Eine Strasse ist nicht nur einfach eine Strasse, sondern «eine Strasse in einer ganz bestimmten Situation.» «Jetzt denke ich gerade an die Schloss-Strasse in Vaduz. Dort wurden zuerst Aufpflästerun- gen eingebaut, und nachher die ganze Übung wieder abgeblasen, wiel der Lärm zu gross war.» «Siehst du, das ist ein gutes Beispiel dafür, dass «Hindernisstrecken» ein zu schnelles Fahren nicht immer verhindern können oder dadurch sogar noch mehr Lärm entsteht. Die Verantwortung der Motorfahrzeuglenkerin- nen und -lenker, für eine sichere und den Verhältnissen angepasste Fahrweise kann nicht durch Zwangsmassnahmen ersetzt wer- den. Entscheidend ist der Gesamteindruck des Strassenraumes auf die Verkehrsteilneh- mer. Die Funktion einer Strasse muss klar erkennbar sein!» «Nochmals zurück zu den Erschliessungsstras-  sen: Wenn wir dem privaten Autoverkehr vor allem anderen so viel «Macht» zugestehen, dann muss man doch wenigstens auf den Er- schliessungsstrassen auf die schwächeren Ver- kehrsteilnehmer mehr Rücksicht nehmen!» «Ja, dort sind konkrete Verkehrsberuhigungs- massnahmen berechtigt. Allerdings finde ich es wichtig, dass die Anwohner in die Strassen- gestaltung miteinbezogen werden. Vorausge- setzt natürlich, dass gewisse Randbedingun- gen erfüllt werden: Krankenauto, Feuerwehr und Polizei müssen, im Notfall, bis zu jedem Haus fahren können.» Tempo 30 auf Quartierstrassen? Eine mögliche Massnahme zur Bekämpfung von Lärm wäre die Einführung von Tempo 30 auf Quartierstrassen. Tempo 30 kann zu einer Lärmverminderung führen, die einer Abnah- me der Verkehrsmenge von 50 bis 60 Prozent entspricht. Nebst dieser deutlich verminder- ten Lärmbelastung reduzieren sich bei Tempo 30 auch die Abgasmengen und die Verkehrs- unfälle, wie deutsche Untersuchungen bewie- sen haben. Aufgrund der positiven Erfahrun- gen mit Tempo 30 hat beispielsweise die Stadt Hamburg bis Ende 1985 über dreihundert Tempo-30-Zonen eingerichtet. 
«Wir können ja hier stundenlang darüber dis- kutieren, wie einzelne Strassen zu gestalten sind. Aber was bringt's? Ihr Vaduzer habt ja nicht einmal ein Verkehrskonzept!» «Wir haben ein halbes Verkehrskonzept, das eingeschlafen ist, als der Gemeinderat in einer «historischen» Sitzung beschlossen hat, «dass der Vaduzer Verkehr auf den bestehen- den Strassen stattzufinden hat». «Diese Entscheidung des Gemeinderates fin- de ich absolut richtig! Es geht ja nicht nur darum; alle Bedürfnisse der Automobilisten zu befriedigen. Gerade in unserem Raum zäh- len auch andere Aspekte, wie Belastung der Umwelt, Landschaftsökologie und unsere Le- bensqualität. Und nicht zuletzt unser Orts- bild.» «Und seit jenem Entscheid ist nichts mehr vorangegangen?» «Leider nicht mehr viel. Das ganze hat sich dann in einzelne «Flickwerke» aufgesplittert. Dabei wäre es wichtig, dass jetzt die Strassen- hierarchie festgelegt, und dann nach gezielten Gestaltungsformen gesucht wird.» «Da bin ich aber gespannt, ob das Vaduzer Verkehrskonzept eines Tages doch noch er- wachsen wird.» «Jetzt fährt dieser «Trottel» schon zum dritten Mal vorbei!» 
«Ein solches Auto will ja auch gesehen und gehört werden.» «A propos Lärm — könnte man solche «Auto- freaks» nicht zwingen, einen doppelten oder noch lieber einen dreifachen «Schalldämpfer» einzubauen?» «Klar, die Raumplanung ist kein Allerheilmit- tel und die «Abschaffung» aller Autos eine Illusion. Der Gesetzgeber hat auch die Mög- lichkeiten, er kann die erlaubte Lärmgrenze hinuntersetzen.» «Es gibt auch bauliche Massnahmen, die die Anwohner vor dem Lärm schützen. Zum Bei- spiel durch entsprechende Verglasungen, Lärmschutzwände oder die Nutzung der Räu- me. Und nicht zuletzt die Einteilung der Wohnung.» «Die Automobilindustrie kann sicher künftig auch «leisere» Autos entwickeln. So wie der Katalysator die Abgase vermindert ...» «Ja genau — ein «Lärmisator».» «So, zahlen bitte! Jetzt frage ich Hanspeter, ob er mit mir noch in die «Maschlina» kommt. Ich brauche noch einen heissen Sound.» «Bravo! Dann konsumierst Du noch ungefähr 100 Dezibel Lärm!» «Ähm ... darf ich noch etwas sagen?. Im Gegensatz zum Augenlid, das Du zum Schla- fen schliessen kannst, schläft das Gehör ge- wissermassen nie ...»
	        

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