Oko-Bonus für Liechtenstein «Für den Wald zu demonstrieren, ist doch fertiger Kabis», sagt Georg Ziegler in einem Interview (TAM 14/87). Georg Ziegler aus Winterthur hat stattdessen nach, Möglichkeiten gesucht, wie der Verkehr ohne Zwangsmassnahmen eingeschränkt werden kann. Er hat eine Methode gefunden: Den Öko-Bonus. Das zugrundeliegende Motto lautet: Wer viel Auto fährt, zahlt mehr, wer weniger fährt, zahlt weniger. Der Öko- Bonus ist auch für Liechtenstein anwendbar.
Liecht. Umweltbericht, September 1988 Seite 3 Wilfried Marxer-Schädler, Schaan Georg Ziegler hat seine Idee dem Verkehrs- club der Schweiz (VCS) vorgetragen. Der VCS hat die Idee aufgegriffen und eine kleine Broschüre erstellt, in der der Öko-Bonus er- klärt wird. Die Grundidee des Öko-Bonus ist die kilome- terabhängige Besteuerung. Heute wird die
Motorfahrzeugsteuer jährlich erhoben, ohne dass berücksichtigt wird, wieviele Kilometer in einem Jahr zurückgelegt werden. Vielfah- rer beanspruchen aber mehr
Strassenraum, mehr Parkplätze, verschmutzen die Luft stär- ker, erzeugen mehr Lärm. All diese Folgeer- scheinungen müssen nach bestehendem Ge- setz nicht abgegolten werden. Die Treibstoff- steuer deckt nur einen Teil dieser materiellen und immateriellen Kosten ab. Der Vorschlag von Ziegler und VCS fordert einen Öko-Zuschlag auf den Treibstoffpreis. Ein Benzinpreiszuschlag von 2 Franken hätte zur Folge, dass weniger Auto gefahren wird. Der Zuschlag geht jedoch nicht in die Staats- kasse, sondern wird gleichmässig auf die Wohnbevölkerung verteilt. Wer unterduch- schnittlich viele Kilometer zurücklegt, erhält Dipl. Pol. Wilfried Marxer-Schädler
ist seit April 1986 Geschäftsführer der Liechtensteinischen Gesellschaft für Umweltschutz und unter anderem für die Herausgabe des Liechtensteiner Umweltberichtes verantwortlich. demzufolge einen höheren Betrag rückerstat- tet als er in Form des Öko-Zuschlag ausgege- ben hat. Umgekehrt fällt für den Vielfahrer die Bilanz negativ aus. Die Verkehrskosten verteuern sich insgesamt nicht. Der Öko-Bonus ist daher indexneutral. Sollte jedoch der Treibstoffverbrauch zurück- gehen, hätte dies eine positive Wirkung auf die Wirtschaft, da die Erdölimporte reduziert würden. Der Öko-Bonus hat denn auch An- hänger in allen politischen Lagern. Umstrittene Benzinrationierung Bernhard Wehrli, Präsident der Schweizeri- schen Gesellschaft für Umweltschutz, hat im Zürcher Kantonsrat eine Einzelinitiative ein- gereicht, die die Rationierung von Heizöl und Treibstoff vorsieht. Bei der Benzinrationie- rung handelt es sich um eine Zwangsmassnah- me zur Drosselung des Energieverbrauchs. Der Kantonsrat hat sich jedoch in der Sitzung vom 22. August 1988 gegen eine Weiterlei- tung der Initiative an den Bund ausgespro- chen. Die Benzinrationierung weist tatsächlich Schwachstellen auf. Wer verhindert beispiels- weise den Benzintourismus ins Ausland? Was geschieht mit dem Tourismus und Transitver-
kehr? Der Zwangscharakter, der der Benzin- rationierung anhaftet, würde weitere Kon- trollmechanismen nach sich ziehen. Aus all diesen Gründen scheint die Rationierung zum momentanen Zeitpunkt nicht durchsetzbar. Ein Teil der genannten Schwierigkeiten trifft auch auf den Öko-Bonus zu. Der Benzintou- rismus, der Fremdenverkehr und die kantona- le Steuerhoheit werden denn auch von einer Kommission der kantonalen Finanzdirekto- ren und des Bundes als Mängel des Öko- Bonus erkannt. Eine andere Variante des Öko-Bonus, der sogenannte «Öko-Bonus- Plus» wird dagegen von der Kommission zur Weiterprüfung empfohlen. Öko-Bonus-Plus Beim Öko-Bonus-Plus werden die gefahrenen Kilometer von einem plombierten Gerät ge- messen. Solche Einrichtungen — bekannt ist z.B. der Radumdrehzähler — kosten lediglich etwa 300 Franken. Der Zählerstand könnte beispielsweise beim jährlichen Abgastest di- rekt von den Garagisten an die Motorfahr- zeugkontrolle gemeldet werden. Die Rech- nung würde dann von dort direkt an die Fahr- zeughalter gestellt. Die bisherige MFZ-Steuer wäre hinfällig. Je nach Fahrzeugtyp könnten die Steuern unterschiedlich ausfallen. So könnten verbrauchsarme, schadstoffarme Fahrzeuge weniger belastet werden als ver- brauchsstarke Fahrzeugtypen (siehe Rechen- beispiele im Kasten). Der Öko-Bonus-Plus ist ohne weiteres auch in einem Kleinstaat wie Liechtenstein oder in einem einzelnen Kanton möglich. Bedenken wegen Auftankfahrten ins Ausland oder we- gen des Fremdenverkehrs gibt es keine. Der Benzinpreis bleibt unangetastet. Der Zürcher Kantonsrat hat in seiner Sitzung vom 22. Au- gust 1988 eine Standesinitiative für den Öko- Bonus an den Bund weitergeleitet. Liechten- stein müssten für einmal nicht die Entschei- dung in der Schweiz abwarten, sondern könn- te selbst aktiv werden. Die Reduktion des Treibstoffverbrauchs ist zwar mit dem Öko- Bonus nicht garantiert, aber wahrscheinlich. Das Verursacherprinzip wird auf jeden Fall eher verwirklicht als nach der bisherigen Re- gelung.
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Literatur: Öko-Bonus — (Hg.) VCS, Verkehrsclub der Schweiz, Juni 1985 Auswirkung des Öko-Bonus-Plus in Liechtenstein Nehmen wir an, dass jeder Fahrzeug- kilometer mit 20 Rappen besteuert wird. Nehmen wir ferner an, dass in Liechten- stein 15 000 Fahrzeuge in Betrieb sind und durchschnittlich 12 000 Kilometer pro Jahr damit gefahren wird. Das er- gibt eine Gesamtleistung von 180 Millio- nen Kilometer, die 36 Millionen Fran- ken Steuern einbringen. Nehmen wir an, diese Steuern werden auf die er- wachsene Wohnbevölkerung (ab Füh- rerscheinalter) verteilt, dann ergibt das pro Erwachsenem rund 1 800 Franken Rückverteilung Ende Jahres. Familie Spar (2 Erw.) fährt 6 000 Kilo- meter im Jahr: Ausgaben: 1 200.— Franken Einnahmen: 3 600.— Franken Plus: 2 400.— Franken Familie Vergeud (2 Erw.) fährt mit zwei Autos je 20 000 Kilometer, also zusam- men. 40 000 Kilometer im Jahr: Ausgaben: 8 000.— Franken Einnahmen: 3 600.— Franken Minus: 4 400.— Franken Singel fährt 9 000 Kilometer im Jahr: Ausgaben: 1 800.— Franken Einnahmen: 1 800.— Franken Plus/Minus: 0.— Franken Radfahrer fährt kein Auto: Ausgaben: 0.— Franken Einnahmen: 1 800.— Franken Plus: 1 800.— Franken Es wäre zu überlegen, ob auch die Kin- der in die Rückvergütung einbezogen werden sollten. Auch die Höhe der Ki- lometerkosten ist genau zu überlegen. Je höher die Kilometerkosten sind, de- sto grösser ist der Spareffekt. Ausser- dem könnten je nach Fahrzeugtyp (Ben- zinverbrauch, Schadstoffausstoss) unter- schiedliche Kilometersteuern erhoben werden.