Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1988) (24)

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Liecht. Umweltbericht, September 1988 Erneuerbare Energien - ein Überblick (Red.) Von den erneuerbaren Energien ist häufig die Rede. Nicht alle wissen jedoch, wie breit die Möglichkeiten der Nutzung erneuerbarer Energien sind. Wir haben daher aus verschiedenen Publikationen Wissenswertes über die erneuerbaren Energie zusammengetragen. Eine gute Übersicht über die «Erneuerbaren Energien» bietet die gleichnamige Broschüre des Verbandes schweizerischer Elektrizitäts- werke. «Die verschiedenartigen Energiequel- len, welche wir heute kennen», heisst es in der Broschüre, «lassen sich drei grossen Familien zuordnen: Fossile Energieträger Kohle, Erdöl, Erdgas Kernbrennstoffe Uran, Thorium Erneuerbare Energiequellen Sonnenstrahlen, Wind, Umgebungswärme, Biomasse; 
 Wasserkraft, Wellenenergie, geo- thermische Energie, Gezeitenenergie. Die fossilen Energieträger und die Kern- brennstoffe sind erschöpflich, d. h. sie vermin- dern sich durch den Abbau ständig. Die er- neuerbaren oder regenerativen Energien sind dagegen nach menschlichen Zeitbegriffen un- erschöpflich, ihre Vorräte werden durch die Natur immer wieder erneuert. Sie speisen sich aus drei völlig verschiedenen Quellen: Aus Sonnenenergie Die Strahlungsenergie der Sonne kann direkt genutzt werden, aber auch indirekt durch die Wärmeenergie der Umgebung, die chemische Energie in Pflanzen, die Bewegungsenergie 
  von Wind und Wellen und die Lageenergie des Wassers. Aus Wärmeenergie im Erdinnern Die Energie des teils flüssigen und sehr heis- sen Kerns im Erdinnern kann als geothermi- sche Energie (Erdwärme) nutzbar gemacht werden. Aus Rotationsenergie Die Rotationsenergie der Erdkugel kann im Zusammenhang mit der wechselnden Anzie- hungskraft von Erde, Mond und Sonne als Gezeitenenergie (Ebbe und Flut) genutzt werden.« Nach den bisherigen Erkenntnissen verfügt Liechtenstein nur über eigene erneuerbare Energien, während alle nichterneuerbaren Energien (fossile Energieträger und Kern- brennstoffe) importiert werden müss(t)en. Unter den erneuerbaren Energien kommt zu- dem die Nutzung der Rotationsenergie — nach heutigem Wissen — für Liechtenstein nicht in Betracht. Es bleiben somit die Sonnenenergie und die Erdwärme, die in Liechtenstein nutz- bar gemacht werden könnten. Das Kapitel Erdwärme wird in einem anderen Beitrag die- ses Umweltberichtes abgehandelt. Wenden wir uns daher den unterschiedlichen Erschei- nungsformen der Sonnenenergie zu: Strah- lungsenergie (Wärme, Strom, Chemie), Bio- masse, Wasserkraft, Windenergie. Der «Bundesbericht über Erneuerbare Ener- gien und neuere Energietechnologien» vom Dezember 1987 sieht drei Nutzungsformen der Sonneneinstrahlung: Wärmenutzung, Stromerzeugung, Solarchemie. Wärme aus Sonneneinstrahlung Für die Wärmenutzung eignet sich einerseits 
der 
Sonnenkollektor, der z. B. für die Warm- wasseraufbereitung, Heizungsunterstützung oder Heutrocknung eingesetzt werden kann. Andererseits kann die Strahlungsenergie pas- siv genutzt werden, indem Bauwerke so aus- gelegt werden, dass die Sonneneinstrahlung im Winter die Heizung unterstützt (Solarar- chitektur). Bekannt geworden sind in letzter Zeit die Wintergärten. Die Sonne ist sehr grosszügig. Die auf die Erde einfallende Son- nenenergie ist etwa 10 000 mal so gross wie der jährliche  Weltenergieverbrauch. Es kommt also nur darauf an, die Sonne nutzbar zu machen. Die Wirtschaftlichkeit bei niedrigem Ölpreis ist der grosse Hemmschuh. Wärme aus akti- ver Solarenergienutzung kostet rund 20 Rp./ kWh, aus passiver Nutzung rund 10 Rp./kWh. Eine Ölheizung kommt bei geringeren Inve- stitionskosten auf rund 9 Rp./kWh. Solarstrom Für die Stromerzeugung aus der Sonnenener- gie gibt es zwei Methoden. Mit der 
Photovol- taik (Stichwort: Solargenerator) wird Sonnen- energie direkt in Gleichstrom umgesetzt. Mit der 
Solarthermik wird der Strom über die Umwandlung der Sonnenenergie in Wärme gewonnen. Aus meteorologischen Gründen muss sich in der Schweiz die solarthermische Stromproduktion auf den Alpenraum be- schränken. Der Strom aus der Sonnenenergie ist momen- tan noch sehr teuer, weshalb der Einsatz auf Inselbereiche beschränkt ist (Feriensiedlun- gen, Alphütten, Tunnelbeleuchtungen). Solarchemie Zum Thema Solarchemie heisst es im erwähn- ten Bericht des Bundesrates: «Die Versuche, die Sonnenenergie zu nutzen, um chemische Rohstoffe herzustellen, die man — ähnlich wie Öl oder Gas — als Brennstoff verwenden kann, sind erst im Versuchsstadium. Es sind noch umfangreiche Forschungsarbeiten nötig, bis ein grosstechnischer, wirtschaftlicher Ein- satz möglich sein wird. Gelingt langfristig ein Durchbruch, so sind die Auswirkungen auf das Energiesystem einer nachfossilen Periode allerdings sehr gross.» Die weitere Entwick- lung muss daher abgewartet werden. Biomasse Auch Holz. und Biogas sind umgewandelte Energien der Sonne. Die Verwendung von Brennholz könnte in Liechtenstein ungefähr verdoppelt werden. Wenn private Abnehmer kein Interesse am Holz haben, könnte die öffentliche Hand eine automatische Holz- schnitzelfeuerung für eines oder mehrere Ge- bäude betreiben. In der Schweiz sind bereits über 200 grössere automatische Schnitzelfeue- rungen im Leistungsbereich von 150 bis 4 500 kW in Betrieb. In der Diskussion über Block- heizkraftwerke in Liechtenstein müsste 
auch eine solche Anlage in Erwägung gezogen werden. 
Biogasanlagen sind in Landwirtschaftsbetrie- ben mit mehr als 35 Grossvieheinheiten renta- bel. Solche Anlagen können Wärme und Strom, erzeugen. In Liechtenstein könnten auf diese Weise schätzungsweise 1 000 Tonnen Erdöl eingespart werden, wenn wir schweize- rische Werte hochrechnen (etwa 3% des Öl- verbrauchs). Biogas lässt sich auch aus Klär- anlagen (wird teilweise in Liechtenstein be- reits gemacht) und aus organischen Abfällen gewinnen. Wasserkraftnutzung Die Wasserkraftnutzung ist in Liechtenstein bis auf die Nutzung des Rheinwassers prak- tisch voll ausgebaut. Der Nutzung der Was- serkraft des Rheines ist ein eigener Beitrag in diesem Umweltbericht gewidmet. 
  Windenergie Die mit einer Windanlage eingefangene Ener- gie wird meistens zum Antreiben eines Gene- rators zur Stromerzeugung eingesetzt. Man kann damit aber auch direkt eine Pumpe an- treiben. Die Windenergie wird im Bundesbe- richt jedoch vorsichtig beurteilt. Sie dürfte auf Sonderfälle beschränkt bleiben und deshalb nur begrenzt zur Energieversorgung beitra- gen. In Liechtenstein wäre beispielsweise das Betreiben der Grundwasserpumpwerke mit Windenergie zu prüfen. Die Rotationsenergie könnte direkt zum Betreiben der Pumpe ver- wendet werden. Mit den Wasserreservoirs ist ein idealer Zwischenspeicher gegeben. Wie hoch ist das Potential? Das Potential der Solarenergie in seinen un- terschiedlichen Schattierungen lässt sich am besten einschätzen, wenn danach gefragt wird, was gemacht werden müsste, um 1 Pro- zent des Endenergieverbrauchs zu ersetzen. Der Bericht des Bundesrates gelangt zu fol- genden Ergebnissen: — 2 Quadratmeter Sonnen(wärme-)kollekto- ren pro Wohnung — 4 Quadratmeter pro Wohnung für passive Sonnenenergienutzung — 8 Quadratmeter pro Wohnung für Solarge- neratoren zur Stromerzeugung — 2/3 aller Grossvieheinheiten aller Betriebe über 15 GVE mit Biogasanlage ausgestattet — 5 000 Windanalgen zu je 230 kW Diese Aufzählung zeigt, dass das Energie- - sparen (siehe den Beitrag «Energiesparen leicht gemacht» in diesem Umweltbericht) bedeutend schneller und einfacher zu einem Erfolg führt als die Nutzung der er- neuerbaren Energien. Andererseits zeigt die Liste aber auch, dass bei ernsthafter Anstrengung ein deutlicher Erfolg erzielt werden könnte. Denn z. B. 10 Quadratme- ter Sonnenkollektoren pro Wohnung wür- den bereits 5 Prozent des Endenergiever- brauchs abdecken. Nach dem Motto «Auch Kleinvieh macht Mist» ist jeder Beitrag zur Nutzung erneuerbarer Energien, solange er umweltverträglich ist, willkommen. Es soll- te auch nicht unterschätzt werden, dass die Nutzung erneuerbarer Energien ein ganz anderes Energiebewusstsein fördert. Die Nutzung erneuerbarer Energien hat somit eine doppelte Wirkung: Sie ist 
umwelt- freundlich und fördert das Sparverhalten. ■
	        

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