Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1988) (23)

Seite 12 Liecht. Umweltbericht, März 1988 Orchideenbestände im Vaduzer Talgebiet Die Vaduzer Psychologin Barbara Rheinberger beschäftigt sich in ihrer Freizeit seit vielen Jahren mit Orchideen in Liechtenstein. Sie beklagt den Verlust von Orchideenstandorten auf Vaduzer Gemeindegebiet. Selbst die verbliebenen Standorte sind gefährdet. Haben die Orchideen in Vaduz eine Zukunft? Barbara Rheinberger, Vaduz.   Betrachten wir die Entwicklung der Orchi- deenbestände in der Gemeinde -Vaduz wäh- rend der letzten dreissig Jahre, so ist festzu- stellen, dass sich in der Vielfalt der Arten relativ wenig verändert hat. Zurückgegangen jedoch sind die Standorte. Problem Landwirtschaft Da viele Orchideen unserer heimischen Arten auf Magerwiesen gedeihen, sind sie durch eine intensive Bewirtschaftung (sei es durch Düngung oder Beweidung) bedroht. Die Spinnenragwurz (Ophrys sphegodes) ist ein Opfer davon. Bei Murr als zahlreich erwähnt, Anfang der 60er Jahre noch vereinzelt beim Waldhotel gefunden, ist sie heute gänzlich verschwunden. In «Neue Übersicht über die Farn- und Blütenpflanzen von Vorarlberg und Liechtenstein», Bregenz 1923, von Josef Murr heisst es: «Sehr zahlreich auf der Heidewiese an der Strasse links vor Vaduz.» Es handelt sich hier wahrscheinlich um das Gebiet der heutigen Wiese unterhalb der ehemaligen Spoerry-Fabrik und der ehemaligen Allmend. Auf der kleinen Wiese, die südlich dem Wald- hotel vorgelagert ist, konnte ich Anfang der 60er Jahre noch die Bienenragwurz (Ophrys apifera) finden. Durch Kuh- und Schafbewei- dung veränderte sich der Boden so — vor allem durch Stickstoffanreicherung — dass dieser Or- chideenart die Lebensgrundlage entzogen wurde; ebenso im Mühleholz (vgl. Ganss). Dasselbe Schicksal ereilte die Herbstdrehähre (spiranthes spiralis), eine zierliche, unschein- bare kleine Pflanze, an der Letziwiese beim Schloss im nördlichen Zipfel. Nur wenige «Inseln» Geblieben als «Orchideenparadies» ist die winzige Magerwiese bei der. Marée, oberhalb des Sonnenhofes. Dort findet man heute -noch die Hummelragwurz (Ophrys fuciflora), die Pyramidenorchis (Anacamptis pyramidalis), das Kleine Knabenkraut (Orchis morio), die Höswurz (Gymnadenia conopea) und die sehr seltene Herbstdrehwurz. Die Bienenragwurz ist auch dort akut vom Aussterben bedroht. Obwohl die Gemeinde Vaduz bemüht ist, die- se Bestände zu erhalten, indem die Wiese nur einmal pro Jahr relativ spät — erst nach dem Abblühen der Orchideen — gemäht-  wird, ist hier fast alles wegen zu kleinem Standort vom Verlöschen bedroht. Ein weiteres Refugium für Orchideen ist der Rheindamm, vor allem rhein- aber vereinzelt auch landwärts. Neben der Hummelragwurz, der Pyramidenorchis und dem Helmknaben- kraut (Orchis militaris), wächst dort auch die Einknolle (Herminium monorchis). In den 
letzten Jahren nicht mehr finden konnte ich die früher recht zahlreich vorkommende Weisse Sumpfwurz (Epipactis palustris). Nicht unerwähnt bleiben sollen die Wälder oberhalb von Vaduz, die folgende Arten be- heimaten: Frauenschuh (Cypripedium calceo- lus), Netzblatt (Goodyera repens), breitblätt- rige und dunkelrote Sumpfwurz (Epipactis la- tifolia, Epipactis atropurpurea), schmalblätte- riges, bleiches und rotes Waldvögelein (Ce- phalanthera longifolia, damasonium, rubra), grosses Zweiblatt (Listera ovata), Vogelnest- wurz (Neottia nidus-avis), Waldhyazinthe (Platanthera bifolia), Geflecktes Knaben- kraut (Orchis maculata), Männliches Knaben-   kraut (Orchis mascula), selten die Fliegenrag- wurz (Ophrys insectifera) und ganz selten das Ohnblatt (Epipogium aphyllum); der Bestand beim Wildschloss ging durch Waldrodung ver- loren. Das Bleiche Knabenkraut (Orchis pallens) hingegen kommt heute im Schlosswald nicht mehr vor. Für eine umfassende Beschreibung aller vor- kommenden Arten in Vaduz inklusive Alpen- gebiet möchte ich auf den Artikel von Hans- Peter Rheinberger im Buch «Der Vaduzer Wald» hinweisen. Zusammenfassend möchte ich folgende Bi- lanz ziehen. Trotz der noch vorhandenen Vielfalt müssen die Orchideen in der Gemein- de Vaduz als stark gefährdet bezeichnet wer- den, da sie sich auf keine weiteren «Inseln» mehr zurückziehen können. Durch eine Ver- änderung der Rheinlandschaft (Bau eines Kraftwerkes) und eine Überbauung beim Sonnenhof z. B. könnte die ganze Pracht bei- nahe mit einem Schlag vernichtet werden.
	        

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