Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1986) (20)

Energiekonzepte für Liechtenstein Gedanken nach der Tour de Sol 1986 Der Verbrennungsmotor in den heutigen Autos nutzt die eingesetzte Energie äusserst unwirt- schaftlich. Mehr als 80 % verpufft als ungenutzte Abwärme. An der Tour de Sol werden mögliche Wege aufgezeigt, wie diese Energieverschwendung verhindert werden könnte. Beson- ders für unser Land mit seiner grossen Auslandabhängigkeit auf dem Energiesektor bieten sich dadurch neue Chancen. 
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Energiekonzept 
September 1986 Kurt Wachter, VCL Von den über 18 000 im 
Verkehr befindlichen Motorfahrzeugen Liechtensteins sind ca. 14 500 Autos. Durchschnittlich wird mit je- dem dieser Autos 15 000 Kilometer im Jahr gefahren. Das sind über 200 Millionen Kilo- meter und entspricht einem Totalverbrauch von ca. 20 Millionen Liter Benzin. Wenn man weiss, dass nur ca. 16 % dieser Energie tat- sächlich in Bewegung umgesetzt wird und der Rest als Abwärme durch Auspuff und Kühl- wasser der Umgebung «anvertraut» wird, wird diese ungeheure Energieverschwendung erst deutlich. Ein gut abgestimmt und gesteu- erter Elektromotor setzt hingegen ca. 90 % der aufgewendeten Energie in Bewegung um. Autos in Liechtenstein pro Kopf 1970 6 210 0,29 1985 
14 804 0,55 (Stat. Jahrbuch 1985) Das heisst, wenn wir alle unsere Autos mit Elektromotoren betreiben könnten, wäre der Gesamtenergieverbrauch für den Strassenver- kehr auf ca. 1/5 
reduziert. (Eisenbahn, Trolley- bus und Tram nützen diese Vorteile schon seit langem). Energieverlust Dieser Strom aber könnte nicht einfach aus der sauberen Steckdose bezogen werden: Weil die sinnvolle Nutzung der Wasserkraft ihren Zenith praktisch erreicht hat, kommt jede zusätzlich verbrauchte Kilowattstunde aus Atmomkraftwerken der Schweiz oder Frankreichs. Aber in diesen thermischen Kraftwerken passiert genau der gleiche ener- getische Leerlauf. Einem Drittel Strompro- duktion stehen 
2/3 Abwärme gegenüber, die mittels Kühltürmen an die Umgebung abge- geben wird. Bis dieser Strom an der Steckdo- se abgezapft werden kann, entstehen noch einmal 12 % Leitungsverluste. Weil auch das Laden der Batterien mit grossen Verlusten verbunden ist, wird auch im Fall der Elektro- autos weniger als Y5  der aufgewendeten Ener- gie in Bewegung umgesetzt. Energiespeicherung Dazu kommt das Problem der Energiespei- cherung, das der Utopie, ein konventionelles Auto elektrisch zu betreiben, endgültig den Garaus macht. Ein Liter Benzin entspricht der Energie von ca. 100 Kilogramm Batte- rien. Um die Energie, die in einem Autotank 
stecktzu speichern wären also 4 
Tonnen Batterien notwendig. Trotzdem ha- ben verschiedene Autofirmen (Peugeot, VW, Toyota) fertige Konzepte für Elektroautos auf der Basis der aktuellen Modelle in den Schubladen. Ihr hohes Gewicht und die da- durch ungünstige Energiebilanz deuten dar- auf hin, dass von ihnen auch in Zukunft keine Beiträge zur Lösung der heutigen Probleme zu erwarten sind. Die Tour de Sol (siehe Artikel), die 1987 übrigens in der Ostschweiz starten soll, hat einen möglichen Ausweg aus dieser Energie- verschwendung im Individualverkehr aufge- zeigt. In kürzester Entwicklungszeit liessen neue Konzepte (in erster Linie die konse- quente Leichtbauweise und Aerodynamik), Fahrzeuge entstehen, deren Energiever- H. 
Sigg / Nebelspalter brauch weniger als 0,5 Liter Benzin auf 100 Kilometer entspricht. Dies wurde deshalb er- reicht, weil die Konstrukteure von der limi- tierten Energie, die aus 4 m2  Kollektorfläche von der Sonne gewonnen werden kann (ca. 480 Watt peak) auszugehen hatten. Dieses Vorgehen muss für zukünftige Planungen richtungsweisend sein. Die limitierten Res- sourcen, die zur Befriedigung der menschli- chen Bedürfnisse zur Verfügung stehen, sind wichtigste Planungsvoraussetzungen. Diese Sonnennergie müsste auf alle Fälle rei- chen, die Distanz von maximal 87 Kilometern und 540 Meter Steigung zu überwinden. Wäh- rend bei der ersten Tour de Sol noch kräftig geschoben und gestampft werden musste, war in diesem Jahr die technische Bewältigung dieser anspruchsvollen Aufgabe praktisch ge- schafft. Die Ausfälle wurden seltener und die Spitzenteams lieferten sich ein Kopf-an-Kopf- Rennen. Zu den technischen Verbesserungen kamen gute Vorschläge für Energiekonzepte, die speziell für Liechtenstein mit seiner grossen  Auslandabhägigkeit auf dem Energie- 
 sektor 
wichtig sein könnten. Das in seiner gesamtheitlich ökologischen Ausrichtung überzeugendste, stammt von der Firma «Alte- no» des Ökozentrums Langenbrugg (siehe Artikel) Chancen für Liechtenstein • Mit wenigen Quadratmetern Solarzellen könnte heute schon genügend Elektrizität erzeugt werden für ein individuelles Nah- verkehrsmittel. Mit einer staatlichen Ab- nahmegarantie wäre die Balzers AG viel- leicht bereit, in die Produktion von Solar- zellen einzusteigen. • Die ca. 20 Millionen Liter Benzin, die für den liechtensteinischen Strassenverkehr (ohne ausländische Autos) im Jahr ver- braucht werden, könnten so ohne Ein- schränkung der Mobilität grösstenteils ein- gespart werden. • Eine Gesamtenergiekonzeption für Liech- tenstein darf sich nicht allein nach den Bedürfnissen der Bevölkerung richten, sondern muss von den für uns langfristig ohne ökologische Risiken verfügbaren Energiequellen ausgehen. • Der Anschluss ans Erdgasnetz gibt die Möglichkeit einer Wärme-Kraftkoppelung mittels abgasarmer Gasmotoren. (Ein Gas- motor produziert Strom, die Abwärme wird für Raumheizung verwendet.) • Der Anteil der Eigenversorgung auf dem Energiesektor kann mit optimalem Einsatz der bestehenden Technologien (Wärme- Kraftkoppelung) und durch konsequentes Vermeiden von Energieverschwendung, aber auch durch Erschliessung neuer Tech- nologien (Solarzellen, Windkraft) und auch durch vermehrten Rückgriff auf alt- bewährte Heizmethoden (Grundkachel- ofen) noch wesentlich vergrössert werden. ■
	        

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