Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1979) (2)

Produktionsfläche? 
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Umwelt-Bericht Dezember 1978 Unsere Tallandschaft — noch Lebensraum oder schon bald restlos ausgenutzte Siedlungs- und 330/o des Talraumes sind Baugebiet Nirgends ist unsere Landschaft so stark ver- ändert worden wie im Talraum. Die- Siedlun- gen wucherten innert wenigen Jahrzehnten in die Talebene aus, dorthin, wo einst die zahlreichen Rheinüberschwemmungen ein natürliches Hindernis bildeten. In jeder Minute wird in Liechtenstein ein Quadrat   meter verbaut und zwar vorwiegend in der Rheinebene, die auf Liechtensteiner Seite nur 5000 ha umfasst. Schon heute nehmen unsere sehr locker überbauten Zonen (Sied-   lungs-, Industrie- wie öffentliche Bauten und Anlagen) 33 Prozent des Talraumes ein. 
Die Freiräume werden dementsprechend Jahr für Jahr seltener. Landschaftsverarmung durch Intensivnutzung Die offenen Landschaften von einst unter- scheiden sich vom heutigen Zustand in fol- genden Punkten wesentlich:   — weite siedlungsleere Räume sehr hoher Anteil naturlandschaftlicher Elemente (Bachläufe, Feldgehölze, Riede usw.). Die Entwicklung zum heutigen Zustand er- folgte in mehreren Schritten, vorerst über die teilweise Aufhebung des Allgemeingutes. und vor allem auch über die Kultivierungen während den beiden Weltkriegen. Die tech- nische Entwicklung brachte wesentliche Fortschritte: Der landwirtschaftliche Ertrag stieg und ermöglichte es auch, die Mühsal von früher zu überwinden. Allerdings hatte dies auch eine Veränderung der Landschaft zur Folge. Der Endzustand, dem wir uns jetzt nähern, ist durch folgende Eigenschaf-   ten geprägt: — vollständige landwirtschaftliche und nichtlandwirtschaftliche Zersiedelung — absolute Zugänglichkeit -für den Motor- fahrzeugverkehr — Geometrisierung der Landschaft, ohne Rücksicht auf landschaftliche Gegeben- heiten -- naturferne Bewirtschaftung (Pestizide, Dünger, Bodenverdichtungen, Monokul- turen). Diese Entwicklungen sind anderswo in Mittel- europa noch krasser. Vielleicht sind gerade deshalb heute eindeutige Ansätze zum Um- denken festzustellen. Zersiedelung der Landschaft durch die Landwirtschaft? Bei der Diskussion um die Zersiedelung un- serer Landschaft wird die Landwirtschaft meistens ausgeklammert, in der Annahme, die 
landwirtschaftlichen Aussiedlungen seien aus betrieblichen Gründen nötig. Diese Gründe stammen aus der Zeit des Pferdezu- ges und der Gülleverschlauchung. 
Im Zeit- alter des Traktors und des Druckfasses gelten sie wohl kaum mehr so unbeschränkt. Die in den letzten 
Jahren der Aussiedlung gemachten Erfahrungen zeigen deutlich, dass der ursprüngliche Landschaftsraum mehr und mehr (auch zum Nachteil der Landwirtschaft) zersiedelt wird. In vielen Fällen wurden zudem landwirtschaftliche Betriebe zweckentfremdet und somit die Be- willigung missbraucht. Neuere Erkenntnisse zeigen denn auch, dass Landwirtschaftsbe- triebe vorteilhaft in der Nähe der Dorf- ränder angesiedelt werden. Aufgrund der Mechanisierung ist nicht - nur eine optimale 
Bewirtschaftung gegeben, sondern die im Dorf vorhandenen Dienstleistungen (z. B. Post, Strom, Abwasser, Schule, soziale Kon- takte) können vom Aussiedlerhof auch gün- stiger genutzt werden. Die zum Teil fest- gestellte soziale Abkapselung findet so weniger statt. Aus der Sicht der nicht Landwirtschaft be- treibenden Bevölkerung ist zudem festzu- stellen: Je mehr die 'Menschen in natur- ferner und durch Konzentration von Mensch und Technik geprägter Umgebung wohnen und arbeiten, umso wichtiger werden Räume, die frei von .dauernder menschlicher Präsenz als letzter Stufe der Besitzergrei- fung sind. Eine Diskussion über die Problematik der landwirtschaftlichen Betriebe zeigt zum Teil, dass die im Gesetz.. vom 10. Juli 1975 über die Förderung des landwirtschaftlichen Bauens festgelegten Förderungsgebiete und Bedingungen den heutigen Erkenntnissen und Anforderungen offensichtlich nicht mehr voll entsprechen können. Gerade aus der Sicht des Landschaftsschut- zes müssen folgende Forderungen gestellt werden: • Ausarbeitung eines neuen Landwirt- schaftskonzeptes hinsichtlich der Bewirt- schaftung des Talraumes, mit Abklärung der noch geeigneten Standorte für Aus- siedlungen, unter Berücksichtigung der nötigen Betriebsgrössen und den Interes- sen des Natur- und Heimatschutzes, des Gewässerschutzes wie der Raumordnung. • Festlegung einer  geschlossenen Land- wirtschaftszone als Reserve-  für Krisen- zeiten. Für unsere  letzten Freiräume der Tal- ebene ist es fünf vor zwölf: Gerade 1977 und 1978 fanden neue wesentliche Ein- 'brüche statt, die nicht zwingend hätten sein müssen. Die LGU hofft, mit diesem Beitrag einen Impuls zur Wahrung grosser nationaler Werte, 
nämlich der Attraktivität unserer Tallandschaft, beitragen zu können.
	        

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