Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1978) (1)

Juni 
1978 
Umwelt-Bericht 
Seite 9 Zerfall einer alten Kulturlandschaft Seit der Erfindung der Sense im 
12. Jahrhundert wird diese Landschaft durch den Schnitt der Streue und das Torfstechen geprägt. Sie ist somit auch ein Kulturdenkmal vergangener Men- schenepochen. Natur und Kultur sind 
untrennbar in dieser Landschaft verbun- den. Darum setzt sich die LGU für die Erhaltung der Torf- und Heuhütten ein und wird die den Naturschutzorganisa- tionen gehörenden Hütten wieder re- staurieren. 
nicht bei dieser einen Anlage bleiben werde, sondern dass es nach «Salami- taktik» weiter gehe, bis unser gemein- sames Rheintal — bis anhin ein länd- licher Raum — eine «Industrieland- schaft» werde. Die Entwicklung mit der Errichtung eines Grosstanklagers im Nahbereich der Destillationsanlage gab uns recht. Inzwischen redet man auch von einer Kapazitätserhöhung bei der bestehenden Pipeline. Das Misstrauen ist heute bei der Rheintaler Bevölkerung immer noch wach. Geruchs-Immissio- nen wurden beispielsweise im Projek- tierungsstadium gutachtlich als «nicht vorstellbar» bezeichnet. 
Die tatsächlich hüben und drüben feststellbaren Ge- ruchsbelästigungen scheinen bis heute noch nicht behoben, 
was das permanen- te Misstrauen mehr als rechtfertigt. 1974 forderten wir die Bestellung einer zwischenstaatlichen Umwelt-Kommis- sion mit der Schweiz und Oesterreich. Dieser Kommission wären alle in Frage kommenden Projekte vorzulegen, wel- che eine grenzüberschreitende Wir- kung, auch eine Raumwirkung, besitzen. Das internationale Nachbarrecht scheint noch immer sehr schwach ent- wickelt zu sein. Eine solche Kommission wäre heute nicht arbeitslos. Hüttensterben im Ruggeller Riet Natur und bäuerliche Kultur sind wie fast sonst nirgends so vereint wie in un- serer einigermassen noch intakten Moorlandschaft an der nördlichen Lan- desgrenze. Diese letzten Streueland- schaften verschwinden, wenn nicht bald Zeichen gesetzt werden. Es gibt Kreise in der Bevölkerung, die meinen, man könne dieses Ried ohne Propaganda am ehesten erhalten. Wenn es nur stimmen würde! Sicher, die laufenden Veränderungen sind nicht spektakulär, aber unglaublich stetig. Jedes Jahr ein Stück Ried weniger, entweder durch Verbuschung oder durch Düngung be- dingt, jedes Jahr verschwindet mehr als eines seiner Wahrzeichen — die so markanten Torfhütten. Erst seit 1947 lässt sich mit der ersten Landeskarte M. 
1 : 10 000 der Bestand an Torf- und Heuhütten im Ried genau erheben. Die revidierte Karte aus dem Jahre 1967 und der aktuell von der liechtensteinischen Naturwacht erho- bene Stand bilden weitere Daten. Waren es 1947 noch 101 Hütten im Schellenberger und Ruggeller Riet (noch früher waren es wahrscheinlich weit mehr), so gab es 1967 noch 46 Hütten, 1978 sind es gerade noch 24, wovon gar 8 in gutem baulichen Zu- stand. 
Innert 30 Jahren ein Schwund auf ein Viertel! Die Erhebung des heutigen Verwen- dungszweckes zeigt es deutlich, die letzten Hütten werden kaum noch be- nutzt, die landwirtschaftliche Nutzung hat sich geändert: mehr als die Hälfte der noch bestehenden Hütten hat 
ausge- 
dient. Acht Hütten werden als Geräte- unterstand benutzt, in zwei Hütten wird noch Heu gelagert. In keiner einzigen liegt Torf. Die Entwicklung verläuft ähnlich wie im 
Alpenraum, wo die Magerheuhütt- chen ebenfalls zusammenbrechen. Im Maurer Riet sind die einst ebenfalls 
bestehenden Torfhütten gänzlich ver- schwunden. Kann die Entwicklung im Ruggeller Riet nicht abgestoppt werden, wird ein heimatkundlich bedeutsamer Teil der ehemaligen Nutzungsform, nämlich das «Torfstechen» und seine Lagerung, bald nur noch der Vergan- genheit angehören.
	        

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