Volltext: Die parlamentarische Kontrolle über die Regierung im Fürstentum Liechtenstein

einem frei ausgeübten Vorschlagsrecht des Landtags kann nicht die Rede sein: die Landtagswahlen sind, wie erwähnt, faktisch auch zu Wahlen des Regierungschefs und - in minderem Masse - der Regierungsmitglieder geworden. Noch bevor Kandidaten für Landtagsmandate gesucht werden, haben die Parteien in der Regel ihre «Regierungsmannschaft» zusammen­ gestellt.63 Die Abgeordneten haben keine Wahlmöglichkeit mehr; im diszi­ plinierten liechtensteinischen Zweiparteiensystem werden die Minister von den Parteien bestimmt.64 Die «Kontrolle durch Vorschlag zur Ernennung» ist an die Parteien übergegangen. Sie beurteilen die Arbeit des Regierungs­ mitgliedes und entscheiden - aus ihrem parteipolitischen Blickwinkel - ob ein Minister dem Wahlerfolg der Partei zuträglich oder abträglich ist. Je nachdem wird er für die bei den Landtagswahlen zu propagierende Regie­ rung aufgestellt oder fallen gelassen. Aus den genannten Gründen wird die Kreationsfunktion des Landtages im folgenden nicht mehr behandelt. In Art. 63 Abs. 2 LV ist das Recht des Landtags festgehalten, Rügen betreffend die Staatsverwaltung (worunter in diesem Zusammenhang auch die Regierung zu zählen ist) «im Wege der 
Vorstellung oder 
Beschwerde direkt zur Kenntnis des Landesfürsten zu bringen». Diese Bestimmung wurde aus § 42 der konstitutionellen Verfassung von 1862 übernommen. Damals war der Bereich der Regierung dem Fürsten zugeordnet und dem Volk, resp. seiner Vertretung stand das Recht zu, festgestellte Missbräuche dem Gegenüber, dem Fürsten, zur Kenntnis zu bringen. Die Instrumente der Vorstellung und Beschwerde sind Relikte aus konstitutioneller Zeit. Im heutigen Verfassungsrecht sind sie obsolet und in der Verfassungswirklich­ keit sind sie bedeutungslos. Auch auf sie wird in der Folge nicht mehr einge- gangen. LOEWENSTEIN65 stellt für alle modernen Leistungs- und Wohlfahrts­ staaten fest, dass die überlasteten Parlamente häufig höchstens noch die Grundsätze einer politischen Entscheidung aufstellen können, die Vervoll­ ständigung durch Ausführungsbestimmungen und den Vollzug aber Regie­ rung und Verwaltung überlassen müssen. Die parlamentarische Kontrolle über die Bürokratie degeneriere zur Formsache. Die Aufgabe, «den Bürger gegen die Gefahren unkontrollierter Normensetzung auf Grund delegierter Befugnisse zu schützen», verlagere sich zunehmend auf die 
Gerichte. 63 Befragung. 64 Befragung. 65 LOEWENSTEIN, Verfassungslehre, 246. 84
	        

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