Volltext: Die parlamentarische Kontrolle über die Regierung im Fürstentum Liechtenstein

Eine Kontrolle der Regierung durch das 
Volk erfolgt erstens über die öffentliche Meinung, die in den kleinen liechtensteinischen Verhältnissen sehr rasch und oft heftig auf das Vorgehen der Regierung reagiert.57 Die Landtagswahlen haben sich, wie dies auch in klassischen parlamentarischen Systemen festzustellen ist58, de facto zu eigentlichen Regierungs-, resp. Re­ gierungschefwahlen und damit zu einem zweiten Kontrollmittel des Volkes entwickelt. Beide Parteien stellen bei den Landtagswahlen ihre Anwärter auf das Amt des Regierungschefs in den Mittelpunkt ihrer Kampagnen. Das Parlament hat damit die Macht verloren, nach seiner Wahl den Regierungs­ chef zu bestimmen. Als rechtliches Kontrollmittel gegen verfassungs- oder gesetzeswidrige Verordnungen steht die Anfechtung vor dem Staatsge­ richtshof offen.59 Gegen Verwaltungsverfügungen kann jedermann nach Erschöpfung des Instanzenzuges beim StGH Beschwerde wegen Verlet­ zung verfassungsmässig garantierter Rechte führen.60 Die Verantwortung der Regierung gegenüber dem 
Landtag, oder, umge­ kehrt betrachtet, die parlamentarische Kontrolle der Regierung, wird einge­ hend und empirisch untersucht im folgenden Hauptteil (HI. Teil) der vorlie­ genden Arbeit. Als Instrumente stehen dem Parlament zur Verfügung die informale Kontrolle, die Petitionseinbringung, die Anfrage, die Interpellation, das Postulat, die parlamentarische Finanzaufsicht, die Prüfung und Genehmi­ gung des Rechenschaftsberichts, besondere Kontrollen der Aussenpolitik, der Amtsenthebungsantrag, das Diziplinarverfahren, die Ministeranklage sowie die Einsetzung von ständigen Kommissionen und parlamentarischen Untersuchungsausschüssen. Der Landtag schlägt gemäss Art. 79 Abs. 2 LV dem Landesfürsten die Regierungsmitglieder zur Ernennung vor. Im Schrifttum wird die Kreations­ funktion gelegentlich als primäre Funktion des Parlaments bezeichnet61 und das Vorschlagsrecht als starkes Kontrollinstrument und sichtbarsten Vor­ gang einer wirklichen parlamentarischen Regierungskontrolle beschrie­ ben.62 Für Liechtenstein kommt dieser Beurteilung keine Gültigkeit zu. Von 57 Vgl. BRUNNER, Regierungslehre, 430; MOSER, 34. Die öffentliche Meinung darf nicht gleichgesetzt werden mit der stark parteipolitisch geprägten veröffentlichten Meinung. 58 Vgl. Bundesrepublik Deutschland; ELLWEIN, 43. 59 Art. 26 StGHG. 60 An. 23 StGHG; vgl. BATLINER, Probleme, 178. 61 ASCHAUER, 3. 62 Vgl. ASCHAUER, 3; BRUNNER, Regierungslehre, 257; EICHENBERGER, Gewalt, 118 f.; LOEWENSTEIN, Verfassungslehre, 196; LUHMANN, 41; MEYN, 175. 83
	        

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