Volltext: Die parlamentarische Kontrolle über die Regierung im Fürstentum Liechtenstein

auf frischer Tat ausgenommen. Im letzteren Fall ist die Verhaftung unter Angabe ihres Grundes unverzüglich zur Kenntnis des Landtages zu brin­ gen, welcher über die Aufrechterhaltung der Haft entscheidet...» (Art. 56 Abs. 1, 2 LV) bb) Das freie Mandat Die Landtagsabgeordneten stehen in einer 
doppelten Verantwortlichkeit; einerseits legen sie einen Eid ab, im «Landtage das Wohl des Vaterlandes ohne Nebenrücksichten nach bestem Wissen und Gewissen zu fördern» (Art. 54 Abs. 2 LV) und sie «stimmen einzig nach ihrem Eid und ihrer Überzeugung» (Art. 57 Abs. 1 LV), anderseits können sie, was allerdings noch nie geschah, «aus wichtigen Gründen» von der Partei abberufen wer­ den (Art. 47 Abs. 2 LV). Besteht somit ein Widerspruch zwischen freiem und imperativem Mandat? BATLINER86 kommt zum Schluss, dass Art. 47 Abs. 2 ein 
Fremdkörper in der Verfassung sei. Der Abberufungsartikel Verstösse diametral gegen die Prinzipien der repräsentativen Demokratie.87 Ein bestimmtes Abstim­ mungsverhalten und/oder ein Fraktionswechsel dürfe nicht mit einem Mandatsverlust geahndet werden. Dagegen argumentiert ROTER88, dass von jedem Abgeordneten ein Mindestmass an Loyalität gegenüber seiner Fraktion erwartet werden dürfe; seine Freiheit sei keine unbegrenzte. Da infolge eines Fraktionswechsels die politischen Mehrheiten im Parlament verändert werden könnten, soll in einem solchen Fall der abtrünnige Abge­ ordnete sein Mandat verlieren, da er «mit den Bedingungen, die zu seiner Wahl geführt haben, bricht». 86 BATLINER, Parlament, 75 ff., 125 ff. Anm. 257. 87 Zur Situation im Deutschen Bundestag vgl. KOMMENTAR II, 266 ff.: «Selbst ein Partei­ oder Fraktionsaustritt bzw. -ausschluss führt nicht zum Mandatsverlust.» (267) «Wird das .imperative Mandat'... praktiziert und zugleich mit der Möglichkeit einer Abwahl (Man­ datsentzug) als Sanktion für ,eigenmächtiges' Handeln verbunden, dann liegt ein Räte­ system vor, das sich gerade in der Auftragsgebundenheit des Mandats vom parlamentari­ schen System unterscheidet. Ob das Rätesystem mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung... vereinbar ist, erscheint fraglich.» (280). 88 RITTER Karlheinz, Aktuelle Fragen, 9 ff.; LT Prot 85175; g.M. Otto Hasler (Befragung); LOEWENSTEIN, Verfassungslehre, 391 f. spricht von einem «skandalösen Missbrauch des Wählervertrauens», falls ein Abgeordneter bei seinem Ausscheiden aus der Partei sein Mandat nicht niederlegt. Vgl. BATLINER, Parlament, 125 ff. Anm. 257. 56
	        

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