Volltext: Die parlamentarische Kontrolle über die Regierung im Fürstentum Liechtenstein

keine rechtliche Befugnis hat, die Regierung zu stürzen, braucht nicht unbe­ dingt als Schwäche18 aufgefasst zu werden. SCHMDD19 bezeichnet den Ver­ zicht auf die Befugnis, die Regierung zu stürzen, als eine «weise Selbstbe­ schränkung, welche erst die institutionellen Voraussetzungen für ein starkes Parlament» zu schaffen vermöge. Infolge der strengeren Gewaltentrennung und «des dadurch geförderten Polaritätsverhältnisses» zwischen Parlament und Regierung werde das Eigengewicht der Legislative gestärkt, die Frak­ tionen vom Zwang der Regierungstreue befreit und eine effektivere Kon­ trolle ermöglicht. Diese förmliche Betrachtungsweise wird dem politischen System des Landes indessen nicht gerecht. Die Verfassmgswirklkhkeit muss mitberück­ sichtigt werden. Die befragten Abgeordneten waren sich einig, «dass auch die rechtlich mögliche Ablehnung eines Amtsenthebungsantrages, der nur bei Anwesenheit von 
2A der Abgeordneten beschlossen werden kann,... faktisch-politisch geeignet wäre, eine ernste staatliche Krise heraufzube­ schwören»20. Ein solches Verhalten des Fürsten ist kaum vorstellbar. Der Begriff des Parlamentarismus wird von SCHEUNER21 um diese faktisch-politische Sphäre ausgeweitet und neu definiert: «Das parlamenta­ rische Regierungssystem besteht da, wo das Kabinett rechtlich oder politisch (Hervorhebung v.Verf.) verpflichtet ist, jederzeit auf Votum des... Parla­ ments aus dem Amt zu scheiden.» Da diese politische Verpflichtung zwei­ fellos existiert22, 
schreibt RITTER23, dass «in Liechtenstein in stark abge­ schwächter Form das parlamentarische Regierungssystem» bestehe. Ein Vergleich mit anderen Monarchien erhärtet, dass Art. 80 LV so verstanden werden darf. «So sind nach den Verfassungen der Benelux-Staaten die Minister nur (Hervorhebung v. Verf.) dem König bzw. dem Grossherzog verantwortlich, der sie ernennt und entlässt... In diesen... Staaten können die Regierung oder auch einzelne Minister aufgrund des Gewohnheits­ rechts gestürzt werden.»24 18 Vgl. LOEWENSTEIN, Verfassungslehre, 200. 19 SCHMIE) Gerhard, Machtverteilung, 253; g. M. für die Weimarer Reichsverfassung HERZOG, 122. 20 BATLINER, Parlament, 22 Anm. 32. 21 SCHEUNER, zit. in: ASCHAUER, 21. 22 In diesem Sinne ist wohl PARLIAMENTS, 1163, zu verstehen. 23 RITTER Karlheinz, Verwaltungsgerichtsbarkeit, 43; g. M. KIEBER, 59. 24 RUTSCHKE, 170. 279
	        

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