4. Grenzen der Kontrolle Optimale Kontrolle ist
nicht maximale Kontrolle. Überbordende Kontrolle führt zu einem überbremsten System, einer handlungsunfähigen Regie rung. Eine kleinliche und starre Überkontrolle zermürbt jede Initiative, raubt den kreativen Schwung und bringt Dynamik und eine gewisse not wendige Risikofreude zum Erliegen. Ihre Folgen sind «prozedurales Was sertreten»1, Passivität und ängstlich-vorsichtige Bürokratien, die die unfall freie Routine zum Leitprinzip machen.2 Es darf nicht das Resultat der parla mentarischen Kontrolle sein, eine Regierung hervorzubringen, die anstatt von Tatkraft und dem Mut zum Unvollkommenen ausschliesslich von der Sorge um Korrektheit beseelt ist. Die Kontrolle darf Regierung und Verwal tung nicht von ihrer täglichen Arbeit abhalten und ihre Zuständigkeit, Füh rungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit nicht lähmen. Es entspricht einer ganz entscheidenden Einsicht, wenn EICHENBERGER davon spricht, dass auch Kontrolle ein «verantwortliches Tun»3 ist. Sie ist ja nicht Selbst zweck, sondern Parlamentstätigkeit zum Wohle des Ganzen. Im Gesamt interesse muss die Kontrolle deshalb auf das Wesentliche beschränkt blei ben und in Grenzen gehalten werden. Der Preis dafiir sind gelegentliche Fehlhandlungen, Störungen, Misserfolge im Regierungsprozess, die eine dichte Kontrolle möglicherweise vorausgesehen und vermieden hätte. Die Kontrolle stösst ferner auf
verfassungsmässige Grenzen: Das Parla ment ist der Regierung nicht hierarchisch übergeordnet, hat keine Dienst gewalt über sie.4 Obschon die Regierungsmitglieder in Verfassung und Gesetz in manchen Zusammenhängen als «Beamte» bezeichnet werden5, ist ihre Verantwortlichkeit mit jener der eigentlichen Beamten und Ange stellten nicht zu vergleichen. Die Regierung ist nicht «der subordinierte Vollzieher, der nur ausfuhrt, was ein besseres Organ - besser in Legitimie rung, Einsichtsvermögen und sachlicher Entscheidungsfähigkeit - ange ordnet hat»6. Sie ist vielmehr eigenständiger und vollwertiger Teilnehmer 1 EGLI, 40. 2 Vgl. EICHENBERGER,Kontrolle, 139f.;ders.,Staat,379f.;ELLWEIN, 10;MEYN,206; MOSER, 108; SIEGENTHALER, 12. 3 EICHENBERGER, Kontrolle, 139 f. 4 Vgl. HANGARTNER, Staatsrecht I, 137; KELSEN, 303; MOSER, 87; RIKLIN, Ent wurf, 130; SCHEUNER, Verantwortung, 390. 5 PAPPERMANN, Regierung, 57. 6 EICHENBERGER, Staat, 508. 114